Online-Musik ist eine wunderbare Erfindung und wird, zusammen mit Festplatten-geräten, die Musik-CD ablösen. Aber werfen Sie ihre CDs noch nicht weg, rät Helmut Spudich Vorweg: Ich bin ein Fan der neuen Online-Musikdienste. Ihre Angebote sind billiger als CDs von Amazon oder aus dem Geschäft, sie haben offen, wann ich Zeit habe, meine Wünsche werden prompt erfüllt, und ich muss nicht die ganze CD kaufen, wenn ich nur einzelne Titel hören will.

Die Tage der CD sind gezählt

Insgesamt scheinen die Tage der CD als primäres Musikmedium gezählt, auch wenn sie (wie Vinyl) weiterhin noch viele Jahre im Umlauf und zu kaufen sein wird. Aber die Kombination von Internet zur Verteilung (auf legalem Weg) und Festplatte zur Speicherung wird die künftige Entwicklung bestimmen – und Geräte wie der iPod sind erst der Anfang. Warum sollte nicht die Stereoanlage selbst eine direkte Verbindung zum Online-Store haben?

Werfen Sie Ihre CDs nicht gleich weg

Jedoch ein Wort der Vorsicht: Werfen Sie Ihre CDs nicht gleich weg oder kaufen Sie nicht alles online, selbst wenn es billiger ist. Warum? Weil urheberrechtlich geschützte Dateien (DRM – Digital Rights Management, um das Jargonkürzel zu gebrauchen) versteckte praktische Probleme bergen, die sich erst nach einiger Zeit zeigen werden. Und weil die Tugend der persönlichen Datensicherung noch selten geübt wird – und der Ärger über eine schöne, teure Musiksammlung, die unbeabsichtigt bei einem Computerwechsel oder unvorhersehbar bei einem Crash verloren geht, ist grenzenlos.

Probleme in Sicht

Datensicherung ist individuell lösbar, die DRM-Frage nur sehr bedingt. Selbst bei Apples iTunes Music Store (iTMS), der derzeit die freizügigste Handhabung von Rechten gewährt, sind Probleme in Sicht. Gekaufte Musik kann auf drei Computern und im Prinzip einer unbegrenzten Zahl von iPods gespeichert sowie auf CD gebrannt werden. Letzteres empfiehlt sich immer, denn dann entsteht eine (nicht mehr geschützte) Audio-CD, die sich erneut rippen lässt, allerdings mit Qualitätsverlust durch die mehrfache Konvertierung. Dateien, die auf dem PC / Mac gespeichert sind, müssen online autorisiert werden; passt ein Benutzer hier nicht auf, ist denkbar, dass nach einigen Computerwechseln der jeweilige Titel nicht mehr gespielt werden kann. Das ist, wahrscheinlich auf einige Jahre hinaus, kein wirkliches Problem -, aber über größere Zeiträume kann es dazu werden. Dazu kommen unterschiedliche Dateiformate zwischen Anbietern, was gleichfalls nur in der Anfangsphase von Onlinediensten akzeptabel ist, nicht aber auf Dauer.

Fazit: Besser behutsam an Onlinekauf herangehen – und immer Audio-CDs von den gekauften Titeln brennen. (Der Standard, Rondo, 22.12.2004, Helmut Spudich)