Die Schulterschlussmethode ist immer die gleiche: Seit Amtsantritt von Kanzler Wolfgang Schüssel (VP) im Jahr 2000 versucht Schwarz-Blau, die Opposition in strittigen Themen zum nationalen Konsens zu bewegen.

Den Anfang machte der rot-weiß-rote Schulterschluss gegen die Sanktionen der EU-14 im Jahr 2000. Mediengerecht lud Kanzler Schüssel die Oppositionschefs Alexander Van der Bellen (Grüne) und Alfred Gusenbauer (SP) zu sich ins Bundeskanzleramt. Weil Bilder mehr als Worte sagen, hatte es vor allem die SPÖ fortan schwer, die Regierung zu attackieren.

Wenige Monate später dann der nächste Versuch: Diesmal rief die Regierung nach einem "Budgetschulterschluss". Die Opposition hatte gelernt, es gab weder gemeinsame Bilder noch eine Einigung.

Die kam dafür im Kampf gegen das tschechische Atomkraftwerk Temelín zustande, und zwar in Form eines Vierparteienantrags, das Energiekapitel der Beitrittsverhandlungen nur abzuschließen, wenn die Sicherheitsstandards auf EU-Niveau liegen.

Weitere Schulterschlussversuche gab es beim Transit, und zwar gleich zweimal, 2002 und 2004, sowie bei der heurigen Gesundheitsreform. Schüssel bat im Herbst SPÖ und Grüne zu einem "Informationsgespräch" über die Ergebnisse der Verhandlungen zu sich ins Kanzleramt. Gusenbauer ging persönlich hin - und wollte sich später lieber nicht daran erinnern.

Jüngstes Beispiel für die mittlerweile schon ziemlich durchschaubare Schulterschlussstrategie ist der versuchte Vierparteienpakt zur Volksabstimmung über den EU-Türkeibeitritt.

Spätestens am 14. Jänner 2005 ist es dann wieder so weit: Die Regierung bittet zum "Reformgipfel" Bildung. Auch hier geht es vor allem um die Zurschaustellung nationaler Einheit- vorgeblich, um das Land zu stärken. In Wahrheit, um die Regierung zu stützen. (tó/DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2004)