Brüssel - Belgiens Premier Guy Verhofstadt ist einem Referendum über den Beitritt der Türkei zur EU nicht abgeneigt. "Ich bin für ein Referendum über alle Fragen, wenn dies das Parlament beschließt", sagte Verhofstadt im Interview der Tageszeitung "Le Soir" auf die Frage, ob man zu "gegebenen Zeitpunkt" die Bevölkerung über den türkischen EU-Beitritt befragen solle.

Verhofstadt legte zugleich ein klares Bekenntnis zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen und zur künftigen EU-Mitgliedschaft der Türkei ab. Eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei gebe es bereits seit 1963 (Unterzeichnung eines Assoziierungs-Abkommens mit der Gemeinschaft, Anm.).

In der europäischen Familie verankern

Wenn man nun die Türkei "in der europäischen Familie verankern" könne, wenn ein Staat die europäische Werte akzeptieren wolle, "warum sollte man dann seinen Beitritt ablehnen?" Die Religion dürfe dafür nicht als Grund dienen.

Es wäre "skandalös" gewesen, Bürgern Prags die Aufnahme in die EU zu verweigern, "denn es gibt keine europäischere Stadt als Prag", so Verhofstadt: "Das Gleiche gilt für Dubrovnik oder Istanbul. Wenn Sie unter der Kuppel der Hagia Sophia stehen, fühlen sie das Herz Europas schlagen."

Durch die Größe und das Gewicht der Türkei werde die Union in der Welt eine stärkere Rolle spielen können, sagte Verhofstadt. Zugleich bekannte er sich zu einer verstärkten Zusammenarbeit einiger Kernländer. Das sei auch beim Euro und der Schengen-Zone der Fall, erinnerte er.

Bei der Verteidigungspolitik seien ähnliche Bemühungen im Gange. Auch die zusätzliche Gefährdung der EU durch künftige Außengrenzen zum Irak oder Syrien weist Verhofstadt ab. Die türkische Armee sei stark genug, diese Grenzen selber zu verteidigen. (APA)