Kontroverse unter ForscherInnen: Analysen gleicher Daten kommen zu gegensätzlichen Ergebnissen
Redaktion
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Detroit - Eine preisgekrönte Analyse über Verhütungsmittel und Gesundheitsrisiken ist zum Gegenstand einer breiten Debatte geworden. Die Studie der
Women´s Health Initiative (WHI)
zeigte, dass Frauen, die nach der Menopause die Hormone Östrogen und Progesteron nehmen, ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen tragen. Unter der Verwendung der gleichen Daten der WHI hat Rahi Victory von der
Wayne State Universität
in Detroit, Michigan, nachgewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit für derartige Erkrankungen für dieselbe Gruppe von Frauen reduziert ist.
Erkenntnisse "unwahrscheinlich"
Victorys Studie gewann den Preis der Gesellschaft für Reproduktive Endokrinologie und Unfruchtbarkeit im Rahmen des jährlichen Treffens der Amerikanischen Gesellschaft für Reproduktive Medizin (ASRM) . Das unerwartete Ergebnis wurde weiterverbreitet, aber als die Verantwortlichen bei der WHI herausfanden, in welchen Zusammenhang ihre Daten gestellt wurden, waren sie skeptisch. "Die Erkenntnisse schienen jenen von uns unwahrscheinlich, die mit der betreffenden Literatur vertraut waren", so Ross Prentice, ein Biostatistiker an der WHI. "Die WHI-Daten sind für diesen Zweck nicht gut geeignet, weil sie gewisse Voreingenommenheiten mitbringen", kommentiert Prentice die Arbeit von Victory und seinen Kollegen. Beispielsweise kamen viele der älteren Frauen in der Studie in die Menopause, bevor die Pille eingeführt wurde. Daher war die Teilmenge an Frauen, die die Pille nie genommen hatten, generell ein bisschen älter und deswegen auch anfälliger für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Wie Tag und Nacht
Außerdem verwendete Victory die WHI-Daten zu jenem Zeitpunkt, als die Frauen erstmals an der Studie teilnahmen. Daher bestehen die Daten auch aus ihren eigenen Erinnerungen an die Verwendung von Verhütungsmitteln und Krankheiten, unbestätigt von medizinischen Akten. Auch Frauen, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, bevor sie die Pille nahmen, wurden gezählt. Die WHI ist besorgt, mit der Victory-Studie in Verbindung gebracht zu werden. "Diese Ergebnisse wurden verwendet, um die Resultate des Hormonversuchs anzufechten", erklärte Jacques Rossouw, Projektleiter der WHI. Aber die Studien verhielten sich wie Tag und Nacht. Der Hormonversuch der WHI wäre ein weitsichtiger kontrollierter Versuch, der andere nicht. Ein Sprecher der ASRM gab bekannt, die Organisation plane nicht, den Abstract zu widerrufen oder den Preis zurückzunehmen. Der Vizepräsident der Forschungsabteilung der Wayne State Universität, John Oliver, stellte sich hinter die ForscherInnen und verlangte, die Arbeit solle nicht von der Hand gewiesen werden: "Das war eine vorläufige Studie, es sollte noch genauer ins Detail gegangen werden." (pte)
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