Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito
"Krach, Bumm, Peng" und mittendrin der Papst als Comic-Held? Im Vatikan hat man damit kein Problem. Seit Art Spiegelmann für seinen Comic "Maus" sogar den Pulitzerpreis bekam, sind die bunten Sprechblasenstorys aufgewertet. Popkultur mit Wert ist angesagt. Und so kommt der Papst-Comic, der nun in Polen erschienen ist, in der Edelvariante daher: Großformat, Hochglanzeinband und mit dem Segen von ganz oben.

Die Einleitung zu "Von Wadowice nach Rom. Die Geschichte Karol Wojtylas – Johannes Paul II." hat Kardinal Paul Poupard, Vorsitzender des Päpstlichen Kulturrats, höchstpersönlich geschrieben. Dafür ist der Comic auch garantiert jugendfrei. Der polnische Verleger bestätigt dies: "Ab acht Jahren."

Schon als Kind brav

Dass der Papst in seiner Jugendzeit ganz gern das Tanzbein geschwungen und schon mal einen flotten Walzer oder Tango aufs Parkett gelegt hat, erfährt man im Comic nicht. Ein Freundin scheint er nie gehabt zu haben, nicht mal im Sandkasten. Vielmehr scheint schon Klein Karol ein hochanständiger Kerl gewesen zu sein – in der Schule immer der Beste, auf dem Fußballplatz ein prima Torhüter und zu Hause ein Sohn, der seinen Eltern nur Freude machte und abends immer den Rosenkranz betete.

Im Papst-Comic der Franzosen Louis-Bernard Koch (dessen Texte ins Polnische übersetzt wurden), Dominique Bar und Guy Lehideux (Zeichnungen) passieren Wunder über Wunder. Und irgendwann beginnt man sich zu fragen, ob da möglicherweise tatsächlich höhere Mächte im Spiel sein könnten, oder ob Johannes Paul II. einfach nur unverschämtes Glück in seinem Leben hatte. Denn "wie durch ein Wunder" springt er dem Tod immer wieder von der Schaufel.

Rettendes Marienbild

Höhepunkt dieser gefährlichen Situationen ist natürlich der 13.Mai 1981, als Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz in Rom auf das Oberhaupt der Katholischen Kirche schießt. Da sich der Papst jedoch gerade in dem Moment nach unten beugt, geht der erste Schuss über seinen Kopf hinweg und trifft eine Nonne am Arm.

Der nächste Schuss geht ins Leere. Der dritte trifft den Papst in den Unterleib, rast aber in einer seltsamen Kurve an allen lebenswichtigen Organen vorbei. Gebückt hatte sich der Papst, um ein Marienbilderl zu segnen, das ihm ein Mädchen entgegenhielt ...

Von den beiden großen Aufgaben, die sich der Papst gestellt hat – die Überwindung des Kommunismus und die Versöhnung der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam – bekommen die Leser der Comicstory allerdings nicht viel mit.

Auch nicht, dass der Pontifex den Polen auf einer seiner vielen Reisen in die Heimat in den 90er-Jahren gehörig den Kopf gewaschen und sie dazu aufgefordert hat, auf den rechten Weg zurückzukehren.

Merkwürdigerweise fehlt auch, dass der Papst sich für die Verfehlungen der katholischen Kirche in aller Form entschuldigt hat. Und dies nicht nur bei Christen anderer Konfessionen, sondern auch bei Moslems und Juden. Johannes Paul II. musste das Schuldbekenntnis der katholischen Kirche gegen viele Kardinäle und Berater im Vatikan durchsetzen. Im Comic gibt es keines mehr. Papst und Kirche sind hier ohne jede Schuld. Fast schon heilig. Seit immer und ewig.

"Fürchtet Euch nicht", ruft der Papst im letzten Bild den Gläubigen auf dem Petersplatz zu. "Das letzte Wort gehört dem Leben und der Liebe." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26.12.2004)