Im "St. George"-Restaurant am Krippenplatz sind die vielen Tische immer mit roten Tischtüchern überzogen und adrett gedeckt, doch auch um die Mittagszeit ist kein einziger Gast zu bedienen, und die drei Angestellten lehnen gelangweilt an der Theke. "Früher haben wir 400 bis 500 Mahlzeiten am Tag ausgegeben", erzählt der Inhaber, Asmi Jouha, traurig, "und ich habe 15 Leute beschäftigt."

Besucheranstieg

In Bethlehem hört man die gleichen Klagen wie in den letzten Jahren - und doch ist jetzt zumindest ein Hauch von Hoffnung zu spüren. Immerhin sind vor kurzem der israelische und der palästinensische Tourismusminister zusammengetroffen und haben gemeinsam die Christen in aller Welt dazu aufgerufen, doch wieder die Region zu bereisen. Und wenn man der Statistik glauben darf, so liegt die Zahl der ausländischen Besucher 2004 um 50 Prozent höher als im Jahr davor, was aber noch nicht viel bedeutet, weil man ja von fast null wieder beginnen musste.

An der Fassade eines Spielzeugladens prangt ein Porträt des im November verstorbenen Yassir Arafat neben einem blinkenden Weihnachtsbäumchen und zwei kleinen Weihnachtsmann-Kostümen. Doch die Zeiten, in denen das Weihnachtsfest in Bethlehem zu einer politischen Demonstration für den Palästinenserchef vereinnahmt wurde, sind vorbei. Dass Mahmud Abbas, die neue Nummer eins und wie Arafat ein Muslim, sich für die Mitternachtsmesse in der Katharinenkirche neben der Geburtsgrotte angekündigt hat, wird als eine selbstverständliche Geste der Höflichkeit registriert.

Die zerpflügten Fahrbahnen und geknickten Laternenpfähle sind repariert, kaum etwas erinnert mehr daran, dass das 30.000-Seelen-Städtchen vor zwei Jahren noch Kampfzone war. "Ja, es ist jetzt ruhig", sagt der Spielzeugverkäufer Bassem Hamis, "aber die Leute haben keine Arbeit, sie kaufen nichts, nicht einmal Lebensmittel." Mit ausländischer Hilfe laufen jetzt wieder Projekte an, bestätigt Judeh Marcus, der Stadtsyndikus, doch er selbst hat wie alle anderen Gemeindebediensteten seit zwei Monaten kein Gehalt mehr bekommen: "Die Leute zahlen einfach keine Steuern mehr."

Auch wenn die Nächtigungszahlen in den Hotels wieder ansteigen, ist Bürgermeister Hanna Nasser bedrückt. Durch den Sperrwall, den die Israelis jetzt im Süden Jerusalems errichten, werde Bethlehem "blockiert und isoliert", und auf der anderen Seite sei es ungewiss, ob die Geburtsstadt Jesu auch nach dem politischen Umbruch in der Autonomiebehörde "einen christlichen Bürgermeister haben wird" - dieses Privileg sei bisher von Arafat garantiert worden, obwohl Bethlehem längst eine muslimische Mehrheit hat. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26.12.2004)