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"Heute glaube ich auch nicht mehr an Farbzeitungen ..."
Der Zeitungsverleger Kurt Falk im STANDARD-Interview
Kurt Falk (66) kündigte diese Woche seinen Rückzug von "täglich Alles" und den Verkauf der Druckerei an. Den Redakteuren machte er das Angebot, "Alles" zu übernehmen. DER STANDARD
bat den Zeitungsverleger zum Interview via Fax. Den Hintergrund zu Falks Plänen finden sie mit einem Klick auf
Styria will "täglich Alles"
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Der Standard
: Sie sprechen in Ihrem Fax von gestern im Zusammenhang mit "täglich Alles" von Ruhestand, wollen aber - nach meinem Informationsstand - weiterhin die "Ganze Woche" herausgeben (wenn auch in München gedruckt). Gibt es Überlegungen, die "Ganze Woche" in weiterer Folge zu verkaufen und gibt es aktuelle Gespräche in diese Richtung?
Falk
: Die ganze Woche kostet nicht allzu viel Arbeit, die Mitarbeiter sind außergewöhnlich tüchtig, das Team ist gut eingespielt und der Rest ist eben nicht besonders kräfteverzehrend. Deshalb wird sich dort nichts verändern, warum auch.
Der Standard
: Mehrfach wurden in den vergangenen Jahren Verhandlungen mit deutschen Verlagen über einen Verkauf von "täglich Alles" kolportiert. Gab es diese und wenn ja, warum haben Sie zu keinem Ergebnis geführt?
Falk
: Gespräche mit anderen Verlegern hat es immer schon und auch viele gegeben, jeder hat irgendetwas gewollt, das reichte vom Meinungsaustausch bis zur Frage nach Verkaufsabsichten.
Der Standard
: Wenn die Mitarbeiter "täglich Alles" tatsächlich übernehmen: Können Sie sich vorstellen, die Zeitung für einen gewissen Zeitraum weiter zu finanzieren, bis die künftige Trägerschaft geklärt bzw. ein Partner gefunden ist?
Falk
: Natürlich kann ich mir auch vorstellen, die Zeitung über einen gewissen Zeitraum weiter zu finanzieren, wobei dieser Finanzierungsbedarf nicht so enorm ist, wie manche glauben, und wenn man bestimmte Sparschritte unternimmt, sogar Null ein könnte. Auf der anderen Seite gibt es ein riesiges unausgeschöpftes Anzeigenpotential, und sohin für die Mitarbeiter eine echte Möglichkeit, nicht nur Gehalt, sondern auch Gewinn zu erhalten.
Der Standard
: Haben Sie sich ein zeitliches Limit für eine Einigung mit den Mitarbeitern über die Zukunft von "täglich Alles" gesetzt?
Falk
: Ein zeitliches Limit gibt es nicht, jetzt habe ich einmal einen Denkanstoß gesetzt, schließlich kann ich ja auch plötzlich tot umfallen, und dann wäre das wohl noch schwieriger, als wenn man zeitgerecht damit beginnt, die Nachfolgerfrage zu regeln. Das muss ja nicht immer in einem Verkauf ins Ausland ausarten, davon gibt es ja schon genug negative Beispiele.
Sollte es zu keiner Übernahme durch die Mitarbeiter kommen, würde Falk soweit gehen und "täglich Alles" einstellen? Diese Frage läßt der Verleger im STANDARD-Interview offen.
Der Standard
: Allgemein wird die Gründung von "täglich Alles" als Versuch gesehen, Ihrem Ex-Partner Hans Dichand und der "Krone" zu zeigen, wer der erfolgreichere Zeitungsmacher ist. Ist diese Sicht korrekt und wenn ja, ist Ihre geplante Trennung nicht die Erkenntnis eines Scheiterns?
Falk
: Mit Herrn Dichand habe ich, nachdem mein Geschäftsanteil von ihm bezahlt war, nie wieder etwas zu tun gehabt, diese Partnerschaft war stets eine geschäftliche und hat auch mit einem Geschäftsakt ihr Ende gefunden. Die Gefühlswelten, die da hineinprojiziert wurden, hat es, jedenfalls von meiner Seite, nie gegeben, aus welchem Grund auch.
Wohl aber gab es zur Frage einer neuen "Kronen Zeitung"-Druckerei zwei unterschiedliche Meinungen, weshalb es auch dazu damals zu keiner Einigung gekommen ist. Dichand wollte immer nur eine grau/schwarze Zeitung mit dem Hinweis auf amerikanische Zeitungen, die Farbbilder bringen, aber keinen Auflagengewinn damit erzielen, und ich wollte eine neue Druckerei, die den Farbdruck ermöglicht. Dieses Vorhaben habe ich dann eben alleine verwirklicht. Heute glaube ich auch nicht mehr an Farbzeitungen, sondern rechne damit, dass innerhalb von längstens fünf Jahren, jedenfalls die Leute bis 40, die Handy-Zeitung aus der Tasche ziehen und dort Texte und Bilder konsumieren.
Der Standard
: Zum "Österreich-Gespräch" im ORF wird zwar ein Vertreter der "Krone" eingeladen, offenbar nicht aber einer von "täglich Alles". Ihre Interpretation?
Falk
: Der ORF hat schon seit langem ein besonderes Naheverhältnis zur Mediaprint und zu den Fellner-Blättern, "News" wurde ja in gewisser Weise mit Schleichwerbung in den ORF-Nachrichten gefördert und die "Kronen Zeitung" mit Sendungen wie "Fußball-Krone" oder "Volksmusik-Krone".
Der Standard
: Ohne zu wissen, unter welchen Bedingungen nun die TV-Werbung der Familapress zustande kam: Nach meinem Informationsstand räumte der ORF zwar beispielsweise "Krone" oder "News" günstige Gegengeschäftsdeals TV-Spots gegen Anzeigen ein, lange Zeit aber nicht Ihrem Unternehmen. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Falk
: Der von Ihnen erwähnte Gegengeschäftsstil stellt nichts anderes als eine Erweiterung dieser Verfilzung dar. Im Grunde handelt es sich um einen Missbrauch des Staatsrundfunks zugunsten von Mediengruppen, aber in unserem Land gehört das zum Alltag. Dieses Naheverhältnis führt dann zum Ausschluss von kritischen Stimmen, so wie das eben bei uns der Fall ist. Aber, wie Sie sehen, inzwischen verfällt auch die ORF-Reichweite. Bereits die Hälfte aller Leute schauen sich andere Programme an, der Rest ist auch nur mehr eine Frage der Zeit.
Der Standard
: Überrascht hat mich der Zeitpunkt Ihrer Erklärung - nämlich just als sich die Zeitungsauflagen wegen der politischen Lage generell nach oben bewegen. Auch inhaltlich müsste die Situation doch einer Volkszeitung zupass kommen. Warum also gerade jetzt?
Falk
: Der Zeitpunkt ist nicht ident mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Erklärung, denn ich habe in einem kleinen Kreis diese Absicht bereits im Oktober '99 mitgeteilt. Damals habe ich mich noch dazu überreden lassen, noch etwas zuzuwarten, und jetzt habe ich es halt wieder begonnen. Mit Auflagen etc. hat das nichts zu tun, sondern ausschließlich damit, dass ich immer älter werde, und damit, dass meine Restlaufzeit immer kürzer wird.
Der Standard
: Interesse an Ihrer Druckerei (die Sie ja nach meinem Informationsstand stilllegen und verkaufen wollen) wird insbesondere der Mediaprint nachgesagt. Wäre das für Sie eine denkbare Variante und gibt es Gespräche mit der Mediaprint über eine Übernahme?
Falk
: Was die Druckerei anlangt, so habe ich es ganz einfach satt, den dort tätigen Personen pünktlich und vollständig Spitzengagen zu bezahlen und dafür ständig nur mit unsinnigen Forderungen, Behauptungen und auch mit Streitereien bei Gericht belästigt zu werden. Auch dafür bin ich schon zu alt und auch zu ruhebedürftig.
Deshalb habe ich jetzt noch einmal drei von fünf Betriebsräten eingeladen und ihnen vorgeschlagen, einen Generalfrieden zu schließen, oder eben, wenn das nicht möglich ist, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir hier diesen Betrieb nicht fortsetzen. Darüber wollen diese drei Betriebsräte eine Urabstimmung abhalten, und das Ergebnis soll Anfang nächster Woche vorliegen. Wenn die Leute weiterstreiten wollen, müssen sie die aggressiven Aktionen zurückpfeifen und es geht wieder weiter. Da die Druckerei weder auffällig kostengünstig noch qualitativ einmalig ist, gehe ich dann eben, so wie das früher schon jahrelang der Fall war, zu einem Lohndrucker und erspare mit dieses ewige Hickhack. Das können sich die Leute, wie gesagt, selbst aussuchen.