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Viktor Juschtschenko und Julia Timoschenko triumphieren.

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Infografik: Wahlwiederholung in der Ukraine

Mit großem Vorsprung hat der Oppositionskandidat Viktor Juschtschenko die Wiederholung der Präsidentschaftsstichwahl in der Ukraine gewonnen. Den Wahlanfechtungen seitens Viktor Janukowitschs wird keine Aussicht auf Erfolg gegeben.

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"Es ist vollbracht", triumphierte Viktor Juschtschenko. Die bisherige Opposition hat einen grundlegenden Machtwechsel in der Ukraine erreicht. Am Montag ist der Oppositionskandidat von der Wahlkommission zum inoffiziellen Sieger der Wiederholung der Stichwahl ausgerufen worden.

Nach Auszählung von 99,36 % der Stimmen lag Juschtschenko mit 8,15 Prozent vor Viktor Janukowitsch. Laut Zentraler Wahlkommission, konnte Juschtschenko 52,18 Prozent der Stimmen auf sich versammeln, Janukowitsch 44,03 Prozent.

Im Laufe des Montags schrumpfte der Abstand. In der Ostukraine hat Janukowitsch erwartungsgemäß die überwiegende Mehrheit hinter sich. Er gab sich noch am Montag unversöhnlich: "Es wird mir schwer fallen, Juschtschenko zu gratulieren. Dieser Sieg wäre das Ergebnis einer gesetzlosen Revolution." Janukowitschs Stab hat angekündigt, wie schon zuvor die Opposition gegen das Ergebnis beim Obersten Gerichtshof Klage einzureichen.

Es gilt als ausgeschlossen, dass Janukowitschs Einsprüche Erfolg haben. Zwar wurden in der Tat Verstöße beim Urnengang festgestellt. Das Ausmaß ist allerdings geringer als der prozentuelle Vorsprung Juschtschenkos. Außerdem haben die 12.500 internationalen Wahlbeobachter die Wahl für legitim erklärt; die OSZE sprach gar von "beispielhaften Wahlen".

Auch der Parlamentsvorsitzende Vladimir Litwin hat sich eindeutig auf die Seite Juschtschenkos geschlagen. Hinter Litwin, der während der Revolution an Autorität gewonnen hat, stehen 70 Deputierte. Dass der noch amtierende Präsident Leonid Kutschma, der Janukowitsch schon vor Wochen fallen ließ, das Feld räumt, steht fest.

Vor wenigen Tagen kamen auch von Janukowitschs Schutzherrn, dem Donezker Industriemagnaten Rinat Achmetow, Kompromisssignale. Man werde eine harte Opposition bilden, so die Janukowitsch- Seite. Janukowitsch wird also den Poker mit den Wahlergebnissen höchstens einige Tage hinausziehen können. Wie Experten vermuten, laufen in dieser Zeit noch Verhandlungen über etwaige Garantien und Straffreiheiten.

Die Freude der Juschtschenko-Anhänger ist indes immens. Juschtschenko selbst triumphierte: "Wir sind seit 14 Jahren unabhängig, heute wurden wir frei." Er kündigt eine neue Ära an, die das Land reformieren und öffnen soll. Er vermied eine geopolitische Festlegung.

"Die Zukunft der Ukraine hängt nicht von Moskau ab, nicht von Polen, nicht von Amerika und auch nicht von Europa. Die Zukunft der Ukraine hängt nur von uns selbst ab." Juschtschenko muss nun Vertrauen zu den Ostukrainern aufbauen. Sie fühlen sich an ihre lokalen Machthaber, Arbeitgeber und mit Russland verbunden. Vor allem aber haben sie Angst, dass Juschtschenko sie mit Reformen überrennt. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2004)