... die sich in leicht entstellter Form schon in mehr Haushalte eingeschlichen hat, als man glauben sollte: Under Byen (übersetzt: "Unter der Stadt") trugen nämlich - ausgerechnet!!! - einen Remix für eine Maxi von Rammstein bei: "Ohne dich" in Klavierkaskaden: für die, die's daheim haben ... wenn es auch etwas in die Irre führt, was den eigentlichen Sound der Band betrifft.
Kammermusik und Post-Rock
Und dieser Sound ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Innerskandinavische Vergleiche liegen als erstes auf der Zunge: Múm etwa oder Stina Nordenstam; Björk nicht zuletzt wegen der stimmlichen Ähnlichkeit mit Under Byens Sängerin Henriette Sennenvaldt, die sich elegisch durch ihre Stücke seufzt und wehklagt, ihrer eigenen Melodie folgt und nur auf Björks überkandidelte Gickser verzichtet.
Jazz, Blues (als Grundstimmung) und nordischer Folk lassen sich dem Oktett aus vier Frauen und vier Männern zuschreiben. Und nicht einmal das Emblem "Post-Rock", das Under Byen schon verpasst wurde, ist ganz verkehrt - so absurd es bei einer Band, die sich auf Geigen, Cello, Piano, Melodika und manchmal Akkordeons stützt, zunächst auch anmuten mag. Bruchstückhaftigkeit und das Auflösen der Liedstruktur sprechen nämlich dafür - und nicht zuletzt auch der Sound-prägende Einsatz von zwei Schlagzeugen, was bei einer kammermusikalischen Grundbesetzung übertrieben wirken mag, den Stücken aber eine starke innere Spannung verleiht. Beim Live-Auftritt kann das sogar wirklich rocken, aller Elegie zum Trotz.
Ferner Nachhall
Die Stücke selbst entwickeln sich einzeln und in ihrer Gesamtheit wie ein sehr, sehr langsamer und auch sehr visueller Trip. Dass Sennenvaldt auf Dänisch singt, wird nicht wirklich zum Verständnisproblem, denn ihre Lieder handeln - bild- und metaphernreich - von dem, was ohnehin jeder dazu assoziieren würde: Sehnsucht, Aufbruch und Zurückbleiben, der traumartigen Begegnung zwischen Mensch und Natur. All das klingt zumeist wie durch meterdickes Eis oder Meilen von Wasser, aus dem Inneren der Erde heraus oder wie ein Ereignis am Horizont, das seine letzten Ausläufer gerade noch bis zum Ohr des Zuhörers schickt. Immer wieder schwellen die Stücke an und wieder ab, als würden Böen einzelne Teile davon und dann wieder in überdeutlicher Klarheit heran tragen.
Pionier-Tat
Dass das Haldern-Pop-Festival seine Label-Neugründung ausgerechnet mit der Live-CD einer "im Süden" praktisch unbekannten dänischen Kapelle startet, ist riskant, aber umso anerkennenswerter. Und überhaupt sollte "Live at Haldern 2003", so gut die gespielten Stücke auch sind, eher als Anlass verstanden werden, sich ins Universum von Under Byen einzuhören ... und anschließend einzukaufen. (Mehr zur Diskographie, mp3s und Bestellmöglichkeiten auf der Webseite der Band; siehe linke Spalte).