Foto: Stadttheater Baden/ Klinger & Husar
Nein, Eurydike ist nicht unglücklich über ihr Leben, zeigt sich doch Orpheus mehr in sich selbst als in sie verliebt. Auch Orpheus ist erleichtert, seine Gattin los zu sein, und diese hofft auf erotische Freuden mit Unterweltgott Pluto. Einen Strich durch die Rechnung macht ihnen indes die "öffentliche Meinung", die weder Göttern noch Menschen eheliche Pflichtvergessenheit durchgehen lassen will. Orpheus in der Unterwelt von Jacques Offenbach - eine Mythentravestie stand 1858 Pate für die Operette. Viele der Anspielungen und Scherze von damals mögen heute der Auffrischung bedürfen, jedoch die deutsche Neufassung von Lore Krainer, die derzeit am Stadttheater von Baden bei Wien zu begutachten ist, hat der Operette Nr. 1 die Seele geraubt. Strudelteig statt Tempo, peinliche Kalauer, augenzwinkernd österreichisch Tagespolitisches und Klatschjournalismusbezügliches - es ist unsäglich, und man ist erleichtert, wenn endlich der berühmte Schluss-Cancan ertönt. Das Talent von Sängern wie René Rumpold (als Pluto) und Katja Reichert (Eurydike) steht auf verlorenem Posten. Diese Textfassung gehört in der Unterwelt versenkt! (hast / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.12.2004)