UN-Generalsekretär Kofi Annan etwa fürchtete angesichts der beiden blutigen Anschläge um den fixierten Wahltermin und will es den Irakern selbst überlassen, ob der Urnengang wie geplant stattfinden soll. Schon Anfang Dezember, nach einer Anschlagserie mit über 55 Toten, hatte es der frühere UNO-Irak-Beauftragte Lakhdar Brahimi für "unmöglich" gehalten, am 30. Jänner als Wahltermin festzuhalten.
Schließlich hat die größte Sunnitenpartei, die Islamische Partei, am Montag einen Wahlboykott angekündigt, da die Wahlen nicht wie gefordert verschoben werden. Zwar will die US-Regierung trotz aller Entwicklungen auch nach den jüngsten Attentaten nicht vom 30. Jänner abrücken - doch auch im Kabinett von Präsident George W. Bush scheint niemand mehr ernsthaft zu glauben, dass die Wahlen der Gewalt ein Ende bereiten und der Demokratie zum Durchbruch verhelfen könnten. "Es wäre ein Fehler, einen friedlichen Irak nach den Wahlen zu erwarten", meinte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zwei Tage nach dem Anschlag in Mossul.
Derzeit will auch der irakische Übergangsministerpräsident Iyad Allawi nicht vom geplanten Wahltermin abrücken. Vor knapp zwei Wochen hatte Allawi zuversichtlich in die Zukunft geblickt: Seit der Ausrufung des Ausnahmezustandes durch die Übergangsregierung sei, so die Angaben Allawis, die Zahl der täglichen Anschläge im Irak auf 50 zurückgegangen; davor seien es noch 120 Anschläge gewesen.
Doch nach den Attentaten im Südirak und in Mossul scheint klar, dass diese Zahlen wenig über die wahren Gefahren aussagen, in denen sich die Bevölkerung und auch die im Irak stationierten US-Soldaten nach wie vor befinden. In der Hauptstadt Bagdad werden weiterhin die mit Abstand meisten Terroranschläge verübt.
Zuletzt starben hier am Mittwoch mindestens 28 Menschen, als während einer Polizei-Razzia in einem Haus Sprengstoff gezündet wurde. Erst vergangenen Montag waren bei einem Anschlag auf den schiitischen Spitzenkandidaten Abdul Aziz al-Hakim mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Die religiöse schiitische Partei SCIRI gilt als die einflussreichste Partei der 60-prozentigen schiitischen Bevölkerungsmehrheit im Irak. Nach der offiziellen Registrierung von Parteien zu den Wahlen hatten sich in den vergangenen Wochen Anschläge auf Politiker gehäuft.