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Erwin Perzy

Foto: AP/Hans Punz

Wien – Ein bisserl, gibt Erwin Perzy zu, glaube er schon an das, was herauskommt. Aber, schränkt er schmunzelnd ein, "das liegt auch daran, dass man doch überall immer auch das sieht, was man sehen will". Und natürlich, so der 48-jährige Wiener, tue er sich beim Interpretieren dessen, was beim – genauer: nach dem – Bleigießen vor ihm im Wasserbad schwämme auch leichter als die meisten anderen Menschen, die in der Silvesternacht über abstrakte Gussprodukte aus eigener Hand rätseln: "Die Interpretationsanleitungen bei den Bleigießsets", sagt Erwin Perzy stolz, "sind von mir."

Freilich: Einfach nach Lust und Laune schreibt Perzy diese Anleitungen nicht. "Das basiert auf Erkenntnissen, die ich aus alten Büchern und anderen Quellen beziehe – jedes Mal, wenn wir da eine neue Serie Bleigießsets herausbringen, lasse ich das einfließen."

Monopol auf Silvester-Bleigussware

Es sind gar nicht so wenige Selbermachsets zum Glückerkennen, die Perzy da Jahr für Jahr aus der Hand gibt: Sein Hernalser Familienunternehmen hat in Österreich quasi ein Monopol auf Silvester-Bleigussware. "90 Prozent aller Bleigießartikel in Österreich sind von uns", schätzt Perzy, "in Summe sind das etwa 40 Tonnen pro Jahr."

Allerdings sei der Begriff "Bleiguss" eigentlich falsch, so der Vater einer 15-jährigen Tochter: "Wenn man wirklich Blei einschmelzen würde, wäre das eine fade, mühselige Sache", referiert der Enkel des Erfinders des modernen Bleigießens. Es war nämlich Erwin Perzys Großvater Erwin Perzy I (der heutige Perzy ist Perzy III), der um 1900 herum die bis heute gebräuchliche Zinn-Blei-Legierung erfand.

(Nebenbei: Das war nicht die einzige Erfindung, mit der Großvater Perzy die Welt beglückte. Der gelernte Chirurgieinstrumentenmechaniker entdeckte – und patentierte danach – bei der Suche nach einem besseren Reflektor für das damals übliche Gaslicht in Operationssälen zufällig jene "Flocken", mit denen Perzy III auch heute noch Schneekugeln befüllt und in alle Welt exportiert. Aber das ist eine andere Geschichte.)

Bleischrot vom Hasen

Großvater Perzy jedenfalls sah seinen Schwestern einst dabei zu, wie sie sich abmühten, jene Bleischrotkugeln, die Urgroßmutter Perzy das Jahr über aus Wildbret geklaubt hatte, zu Neujahr über einer Kerze einzuschmelzen – und dachte sich, "das muss doch auch einfacher gehen".

Es ging: Erwin Perzy I schuf eine kaum bleihaltige Legierung, die nicht erst bei 327, sondern schon bei 280 Grad schmolz. Und statt der Schrotkugeln gab er seinen Schwestern als erstes Bleigießmotiv einen (im Übrigen auf der Modelgussmaschine für Schneekugeln hergestellten) "Stollen" in die Hand.

Stollen, erklärt Erwin Perzy III, galten im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nämlich als Glücksbringer: "Heute weiß das keiner mehr, aber diese Dinger waren sozusagen Spikes, die die Kutscher in die Hufeisen der Pferde geschraubt haben. Sie boten Sicherheit und standen deshalb für Glück."

Skrupel, den Brauch des Bleigießens durch die Materialveränderung "verfälscht" zu haben, habe seine Familie nie gehabt, betont Erwin Perzy III: "Es geht ja nicht um das Ausgangsmaterial, sondern um das, was man aus dem Gegossenen herausliest – und solange das die Leute glücklich macht, kann es gar nicht falsch sein." (DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2004/1./2.1.2005)