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Thomas Flierl (li.) bestellte Michael Schindhelm zum Generaldirektor für die Berliner Opernstiftung

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Berlin - Zum Optimismus ist kein besonderer Anlass. Aber zumindest wurde ein Generaldirektor für die neue Berliner Opernstiftung gefunden. Diese soll die Deutsche Oper, die Staatsoper Unter den Linden, das neue Staatsballett und die Komische Oper unter einem Dach wirtschaftlicher machen. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) hat seine Auswahlmethoden ins Fragwürdige getrieben, als er Staatssekretärin Barbara Kisseler mit Bernd Fülle, Intendant der Oper Frankfurt, bis zum Vertragsentwurf verhandeln ließ, um dann Michael Schindhelm, den Intendanten des Baslers Theaters, zu bestellen.

Schindhelm, 1960 geboren und mit Flierl willkommener Ostbiografie ausgestattet, wurde zum vielseitigen Kulturmanager, nachdem er fünf Jahre in Sowjetrussland Quantenchemie studiert hatte. Kreative Theatererfahrung hat er außer einem Opernlibretto nicht, reüssierte aber nach der Wende als Direktor von Theater und Orchester Nordhausen wie mit der Fusion der Theater Altenburg und Gera. In Basel ist er seit 1996 unter Vertrag. Ihm soll der Schweizer Georges Delnon nachfolgen.

Schindhelms Berufung geriet in Diskussion wegen längerer Stasi-Mitarbeit, für deren Beurteilung eigens ein Ehrenrat eingesetzt wurde, dem die DDR-Bürgerrechtler Ulrike Poppe und Wolfgang Templin, der Dissidenten-Autor Lutz Rathenow sowie Parlamentspräsident Walter Momper angehörten. Deren "Unbedenklichkeitsbescheinigung" änderte nichts daran, dass CDU und der PDS-Koalitionspartner SPD die Neuausschreibung forderten und der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, es als falsches Signal sah, "wenn ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter Generaldirektor der Berliner Opernstiftung wird", während man früher Künstler und Mitarbeiter unter Stasi-Verdacht oft rigoros an die Luft setzte.

Zu beneiden ist Schindhelm um den hoch dotierten Job nicht. Er muss ihn teils erst erfinden und dann mit Fingerspitzengefühl ausfüllen, ohne die Opernchefs Kirsten Harms, Peter Mussbach, Andreas Homoki und Ballettchef Vladimir Malakhov zu verprellen. Geschick ist gefragt, weil Fliers Hand in Kulturproblemen alles andere als glücklich ist. In den zwei Jahren seiner Amtszeit hat er ohne Grund die Intendanten der Deutschen Oper wie der Komischen Oper (Udo Zimmermann, Albert Kost) vorzeitig verdrängt. Die Intendanten am Deutschen Theater wie am Gorki Theater werden übers Vertragsende (Sommer 2006) hinaus nicht verlängert, obwohl sie volle Häuser und zunehmend künstlerisches Gewicht vorweisen können.

Die Nachfolger-Entscheidungen sind zudem fragwürdig. Das Deutsche Theater soll der Schriftsteller Christoph Hein (60) übernehmen, dessen praktische Theaterarbeit Jahrzehnte zurückliegt. Das Gorki-Theater bekommt Armin Petras, auch er wegen einer Ost-Biografie bevorzugt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.12.2004/ 1./2.1.2005)