Das US-Verteidigungsministerium und die CIA haben das Weiße Haus ersucht, darüber nachzudenken, wie man Terrorverdächtige lebenslang einsperren könnte, für deren Inhaftierung man keine ausreichenden Beweise hat. Jedenfalls keine, die vor einem Gericht bestehen können. Geplant sei - so die Washington Post - ein permanentes Gefängnis in Guantánamo Bay, dem US-Stützpunkt auf Kuba für 200 Insassen - etwa für Leute, von denen man vermutet, sie könnten in Zukunft terroristische Akte begehen. Das Lager soll Camp 6 heißen.

Die Vorhaben widersprechen in mehreren Punkten dem internationalen Recht: Eine Inhaftierung ohne richterliche Anordnung und ohne Haftprüfung ist Freiheitsberaubung, eine vorbeugende Gefangennahme ohnehin illegal. Die Gefangenen haben Anspruch auf Rechtsmittel und ein faires Verfahren. Seit dem Patriot Act, dem Wissen über den rechtlosen Status der "feindlichen Kämpfer" in Guantánamo, den Folterungen in Abu Ghraib bleibt die Kritik dieselbe: Die Regierung von George W. Bush untergräbt im Namen des Kampfes gegen den Terror die Rechte des Individuums. Ihr Argument: Wir befinden uns im permanenten Ausnahmezustand. Nun soll der Ausnahmezustand auch institutionalisiert werden. "Da der Krieg gegen den Terror eine Langzeitanstrengung ist, ist es für uns sinnvoll, auch nach Lösungen für Langzeitprobleme zu suchen", so der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Bryan Whitman.

Besonders bedenklich ist, dass die US-Regierung trotz der negativen Schlagzeilen bei ihrem Kurs bleibt. Noch im Juni gab es Anlass zur Hoffnung. Damals stellte der Oberste Gerichtshof der USA fest, dass die Häftlinge von Guantánamo das Recht haben, ihre Inhaftierung anzufechten. Nach seinem Wahlsieg glaubt George W. Bush nun, sich darüber hinwegsetzen zu können. (DER STANDARD, Printausgabe, 03. 01. 2005)