München - Der Terrorprozess gegen den Neonazi Martin Wiese kann trotz der Krankheit seiner Anwältin nahtlos fortgesetzt werden. Als Ersatz-Verteidiger springt Gerald Aßner ein, bisher Anwalt eines Mitangeklagten. Aßner sagte am Dienstag in München, Wiese sei mit ihm als Pflichtverteidiger einverstanden. Der Wechsel sechs Wochen nach Prozessbeginn wurde nötig, weil Anwältin Anja Seul im Krankenhaus liegt. Der 29-jährige Wiese und drei weitere Neonazis stehen wegen eines geplanten Bombenanschlags vor Gericht.

Wieses bisherige Verteidigerin liegt nach einem Schlaganfall im künstlichen Koma, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. Die 35-Jährige sei an Weihnachten in München auf offener Straße zusammengebrochen, anschließend reanimiert und im Krankenhaus am Kopf operiert worden. Das Büro der Juristin war am Dienstag nicht zu erreichen.

Verhandlung drohte zu platzen

Die Verhandlung drohte nach sieben Sitzungstagen zu platzen, weil die Strafprozessordnung eine Unterbrechung von mehr als drei Wochen verbietet. Wie der Vorsitzende Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht, Bernd von Heintschel-Heinegg, sagte, arbeitete das Gericht bei der Suche nach einem Ersatz-Verteidiger die Wunschliste des Angeklagten ab, weil dieser sein Einverständnis abgeben muss. Zwei von Wiese akzeptierte und vom Vorsitzenden angesprochene Anwälte hatten die Übernahme der Verteidigung abgelehnt, bevor Aßner sich dazu bereit erklärte.

Anwalt Aßner ist mit dem Verfahren, zu dem rund 140 Ordner mit Ermittlungsakten vorliegen, vertraut. Bisher verteidigte er gemeinsam mit einem Kollegen den Neonazi Karl-Heinz Statzberger. Dieses Mandat gibt Aßner nach eigenen Worten ab. Statzberger war der einzige der vier Angeklagten, der von zwei Anwälten vertreten wurde.

Die deutsche Bundesanwaltschaft wirft Wiese und seinen drei mutmaßlichen Stellvertretern in der rechtsextremen "Kameradschaft Süd" vor, einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Zentrums am 9. November 2003 in München geplant zu haben. Die Pläne flogen auf, unter anderem durch einen eingeschleusten V-Mann. Dieser stiftete Wiese nach früheren Angaben Seuls zu den Attentatsplänen an. Wann der V-Mann vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht aussagen soll, steht laut Vorsitzendem Richter noch nicht fest. Der Prozess wird am 11. Januar fortgesetzt. (APA/AP/dpa)