Schön wär’s gewesen, wenn die Bundesagentur für Arbeit die ersten Tage von Hartz IV in Deutschland mit gefälliger Begleitmusik untermalen hätte können. Doch leider - aus Nürnberg kamen wieder einmal keine guten Nachrichten: Zum Jahreswechsel ist nicht nur die Zahl der Arbeitslosen im Nachbarland noch einmal gestiegen. Die Bundesagentur musste auch einräumen, dass 2004 überhaupt das schwärzeste Jahr seit der Wiedervereinigung wäre, wenn man wie bisher Teilnehmer von Schulungsmaßnahmen mit in die Statistik genommen hätte. Das ist kein schöner Auftakt für Hartz IV, die größte Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Regierung bleibt nichts anderes übrig, als sich weiterhin in Geduld zu üben. Darin haben sowohl Kanzler Gerhard Schröder als auch sein Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schon ziemlich viel Erfahrung. Im Vorjahr hatte Clement für 2005 die Trendwende am Arbeitsmarkt angekündigt. Jetzt heißt es erneut: Bitte warten! Erst 2006 soll die Lage signifikant besser werden - nicht zuletzt dank Hartz IV. Die Reform ist von Rot-Grün im vergangenen Jahr unter enormer Kraftanstrengung auf den Weg gebracht worden. Dass sie trotz der Massenproteste vom Sommer und trotz des Widerstands der Gewerkschaften mit Jahreswechsel in Kraft getreten ist, kann Schröder jedoch erst als Etappensieg verbuchen. Nun braucht der Kanzler Erfolge. Doch Hartz IV - darin sind sich Regierung wie Ökonomen einig - ist keine Wunderpille, die schnell wirkt. Und bloß weil Hartz IV nun Gesetz ist, ist die Arbeit noch nicht getan. Nach wie vor sind viele Deutsche von den Kürzungen nicht überzeugt. Ihnen klar zu machen, dass es keine Alternative zu den Reformen gibt, bleibt eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Monate - und zwar nicht nur für Rot-Grün. Wenn der Zorn im Volk besonders groß ist, vergisst die Union manchmal ganz gern, dass auch sie ein Elternteil von Hartz IV ist und all die Einschnitte ins Sozialsystem mitgetragen hat. Zwar hat Kanzler Schröder seinen Wirtschaftsminister voll und ganz für das Gelingen der Reform verantwortlich gemacht. Doch eigentlich muss Schröder wissen, dass er diese Verantwortung nicht abgeben kann. Wenn das Hartz-Experiment scheitert, dann wird es nicht allein für Clement eng, sondern auch für den Kanzler selbst. (DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.1.2005)