Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hatte im Dezember die Unterzeichnung der vom Parlament bereits verabschiedeten Justizreform verweigert. Ciampi hatte die beiden Parlamentskammern zu einer neuen Diskussion über das Gesetz aufgerufen. Der Staatspräsident hat laut italienischer Verfassung das Recht, eine neue Überprüfung der vom Parlament verabschiedeten Gesetze zu fordern. Kein Gesetz kann in Italien ohne die Unterschrift des italienischen Staatschefs in Kraft treten. Wenn das Parlament das Gesetz ein zweites Mal ungeändert verabschiedet, ist der Präsident aber zur Unterzeichnung gezwungen.
Rechtsprechung unter politischem Einfluss
Mit Einschüchterung, Verzögerungs- und Sabotagetaktik wolle die Politik den Richterstand für die Prozesse gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi bestrafen, betonten hochrangige Justizvertreter. Laut dem italienischen Richterverband ANM zielen die Reformpläne der Regierung Berlusconi eindeutig darauf ab, die Rechtsprechung unter den Einfluss der jeweiligen politischen Mehrheit zu stellen. Die Unabhängigkeit der Richter werde deutlich beschnitten, da die Justizreform eine Kontrolle der Staatsanwälte durch die parlamentarische Mehrheit vorsehe. Die italienischen Richter haben in den letzten zwei Jahren bereits drei Mal gegen Berlusconis Reform gestreikt.
Kernpunkt von Berlusconis Justizreform ist die strikte Trennung der Berufskarrieren von Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern auf der einen Seite und den Richtern auf der anderen. Dazu will die Regierung das System zur Wahl des Obersten Richterrats ändern, dessen Vorsitz verfassungsgemäß der Staatspräsident innehat. Zweck dieser Bestrebungen ist laut der Regierungskoalition, den Aufbau "politisch oder ideologisch" ausgerichteter Gruppen in diesem Gremium zu vermeiden.