Wien - Das Gesundheitsministerium hat Anfang November einen neuen Verordnungsentwurf für die künftige Regelung der Chefarztpflicht vorgelegt. Die Kernpunkte: Die Bewilligungspflicht für bestimmte teure Medikamente bleibt, dem Patienten soll ab Jänner 2005 aber der Gang zum Chefarzt erspart werden. Stattdessen soll die Genehmigung ab Einführung der Chipkarte Ende 2005 direkt von den Ärzten eingeholt werden. In der elfmonatigen Übergangsfrist bis dahin ist grundsätzlich nur noch eine nachträgliche Kontrolle der Verschreibungen vorgesehen. Der Hauptverband befürchtet daher eine "Kostenexplosion".

Der zuständige Hauptverbands-Geschäftsführer Josef Probst (S) fordert deshalb, dass die bisherige Praxis der Chefarztpflicht bis zur Einführung der E-Card beibehalten wird. Bis Ende 2005 müsste damit weiterhin jeder Patient selbst zum Chefarzt gehen, um sich die Verschreibung genehmigen zu lassen. Probst: "Ob das elf Monate später geändert wird, gleichzeitig mit dem Technologiesprung der E-Card, oder ab 1. Jänner, darauf kann es nicht ankommen." Die befürchteten Zusatzkosten der Übergangslösung seien angesichts der knappen Finanzmittel im Gesundheitssystem nämlich nicht vertretbar.

Hintergrund: Medikamente sollen ab 2005 in drei Gruppen gegliedert werden: In den grünen, den gelben und den roten Bereich. Grüne Medikamente können ohne weiteres verschrieben werden. Bei etwa 100 gelben Medikamenten ist eine Kontrolle der Verschreibungspraxis in Nachhinein vorgesehen ("hellgelber Bereich"). Beim Rest der gelben sowie bei allen roten Medikamenten muss die Verschreibung in jedem Einzelfall durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst der Krankenkassen genehmigt werden.

Grundsätzlich sieht der Verordnungsentwurf des Gesundheitsministeriums vor, dass die Ärzte vor Verschreibung eines chefarztpflichtigen Medikaments via Internet bei der jeweiligen Sozialversicherung um die Genehmigung ansuchen müssen. Die Antwort hat binnen 30 Minuten zu erfolgen. Das Problem: Die Online-Kommunikation zwischen Ärzten und Krankenkassen wird erst mit Einführung der Chipkarte möglich, also ab Ende 2005. Bis dahin ist eine Übergangslösung vorgesehen.

Diese sieht vor, dass die Krankenkassen die Verschreibungspraxis der Ärzte nur im Nachhinein kontrollieren. Die ursprünglich vorgesehene Einholung der Einzelgenehmigungen per Fax durch die Ärzte ist nur noch als Ausnahmevariante im Verordnungsentwurf enthalten. Für Probst ist die "Fax-Lösung" damit "politisch gestorben", was er auch begrüßt. Sie hätte seiner Meinung nach Zusatzkosten von 2,5 Mio. Euro verursacht - zu viel für eine Übergangslösung, die mit Einführung der E-Card auslaufen würde, wie Probst meint.

Mit der nun vorgesehenen Ersatzlösung hat Probst aber ebenfalls keine Freude: Würde die Verschreibung der teuren chefarztpflichtigen Medikamente von den Sozialversicherungen nur noch im Nachhinein kontrolliert, dann drohe eine "Kostenexplosion". Schließlich gebe es im Gegensatz zu den "hellgelben" Medikamenten keine genauen Kriterien für die Verschreibung. Probst: "Das ist wie eine Geschwindigkeitskontrolle ohne Höchstgeschwindigkeit."

Der Hauptverbands-Geschäftsführer verweist darauf, dass das Kostenwachstum bei den chefarztpflichtigen Medikamenten trotz der Einzelkontrollen schon jetzt bei 20 Prozent liege. Ohne Einzelkontrollen drohe ein weiteres Wachstum, was angesichts der knappen Finanzmittel im Gesundheitssystem nicht vertretbar sei. Probst fordert daher, dass bis zur flächendeckenden Einführung der E-Card das bisherige System beibehalten werden soll. "Ich hoffe, dass das noch einmal politisch diskutiert wird." Die Patientenvertreter hätten mit einer Verlängerung der bisherigen Chefarztpflicht jedenfalls kein Problem, glaubt Probst. (APA)