10.) Klee "Je länger, je lieber"

Die langen Jahre im Mittelstand des deutschen Popbusiness haben bei Sängerin Suzie Kerstgens und ihren Bandkollegen Spuren hinterlassen. War doch mit der Vorgängerband "Rallye" der große Durchbruch geplant, dann eine Reihe von unglücklichen Umständen... so wie immer.
Die frische, elektronische Version von Rallye heißt "Klee" und ist textlich ebenso euphorisch, abstrakt romantisch und herzergreifend frontal.

Klee

9.) Kings of Convenience "Riot on an empty street"

Die Norweger haben wieder ein neues Album eingehaucht, nachdem Sänger Erlend Oye einige Jahre in Berlin auf Solopfaden unterwegs war. In meinem Kopf sind Bilder von Reinhard Mey, der gemeinsam mit Simon and Garfunkel über eine verschneite Lichtung wandert. Sicher reden sie gerade darüber, wie sich so ein Krawallchen anzetteln ließe ...

Kings of Convenience

8.) Mocky "Are + Be"

Sieht so ein R'n'B-Popstar aus? Hoffentlich bald! Das zweite Studioalbum des Kanadiers Mocky bounct wie ein Gummiball, säuselt wie Marvin Gaye und streut Reime, wie sie sonst nicht gehört werden: i mickey mouse muthafuckas, i kinski klaus muthafuckas.

Mocky

7.) Gustav "Rettet die Wale"

Besonders schön an Eva Jantschitschs Debut-Album ist die Vielseitigkeit, mit der sie brilliert. Ihre elektronischen Tracks sind zerklüftet, romantisch, poppig - ihre Texte politisch, persönlich und von einem umfassenden überhaupt nicht naiven feministischen Bewusstsein geprägt. Dass diese Gradwanderung so strahlend wirkt, lässt auf eine intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Komponenten dieses doch auch sehr österreichischen Albums schließen.

Gustav

6.) Phoenix "Alphabetical"

Ich erinnere mich noch, wie mir eine Freundin von ihrem "schrecklichsten Konzerterlebnis" während eines viertägigen Musikfestivals in Norwegen erzählte: Die Rede war vom stoischen Auftritt der vier Franzosen von Phoenix.
Ich habe sie auch gesehen, in Wien, in Schönbrunn sogar. Thomas Mars versteckt sich auf dem Boden, wenn die Musiker zum Rhythmusteil ansetzen, damit er nicht "performen" muss. "Verhalten" wäre die richtige Beschreibung für dieses bloße Abspielen eines sehr gelungenen Studioalbums ... Aber wer könnte so melancholisch-elegante Popperlen wie Everything is everything oder Run, Run, Run glaubwürdiger rüberbringen als die Shy-guys von Phoenix? Mir fällt niemand ein.

Phoenix

5.) Michaela Melian "Baden-Baden"

Michaela Melian ist zum einen als Bandmitglied der deutschen Popband FSK, zum anderen als bildende Künstlerin bekannt. Im Jahr 2004 hat sie sich erstmals als Musikerin auf Solo-Pfaden begeben. Die auf "Baden-Baden" zusammengetragenen Tracks entstanden im Laufe der Jahre für Ausstellungen und Installationen in unterschiedlichsten Zusammenhängen: Mal elegisch/romantisch, dann wieder kühl distanziert versteht es Melian, Klassiksamples von Liszt, Bach und vielen anderen mit minimalen Technogrooves zu kombinieren. Ein flamboyantes Erlebnis unter Mithilfe von Carl Oesterhelt.

Monika Enterprise

Bild nicht mehr verfügbar.

4.) Workshop "Yog Sothoth"

Betitelt nach einer literarischen Figur von H.P. Lovecraft wirft dieses sechste Album des Kölner Künstlerkollektivs um Kai Althoff und Stephan Abry all jene Musikstile zusammen, die schon einmal von Workshop "bearbeitet" wurden: Rave, Kunstrock à la Can, Rock'n'Roll 2004. Folk und Disco mit dazugehöriger Vocoder-Stimme prasseln auf die HörerIn ein. Dazu noch Kai Althoffs Textfetzen, die nicht Anti-Pop sondern Künstlichkeit meinen...

Sonig

Foto: Archiv

3.) Le Tigre "This Island"

Wohl wahr: die letzten Ikonen der politischen Indie-Kultur sind bei einem Major gelandet. Und das, nachdem ihnen so viele Jahre das queere Label "Mr. Lady" wie auf den Leib geschneidert schien. Aber die Zeiten sind vorbei, Mr. Lady pleite und Kathleen Hanna, Joanna Fateman und JD Samson wollen Pop-Stars werden. Textlich widmen sich die drei Wahl-New Yorkerinnen einem Update ihrer feministisch-queeren Weltsicht, musikalisch gibt es Anleihen an den schräg-funkigen Pop der großen B-52’s. "I’m so excited"

Le Tigre

2.) Von Spar "Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative"

Sie sind L'Age D'ors Stadthalter guter Ideen was das weltweite New Wave-Revival betrifft: Auf ihrem Debüt holzen die Sparer durch mindestens 25 Jahre tanzbarster Popmusik. Eine extrem funkige und eckige Rhythmusfraktion, bittere, zitathafte Texte im Slogan-Format und eine der freundlichsten Live-Shows, die ich jemals gesehen habe, tun das übrige. Schön, dass ihr dabei seid.

Von Spar

1.) Feist "Let it die"

Wie schön, dass die Kings of Convenience eine "Schwester" bekommen haben. Die Kanadierin Leslie Feist sorgte auf deren Alben bereits für die feminine Verklärtheit, auf ihrem eigenen gibt sie sich musikalisch wesentlich poppiger und vielseitiger als ihre Norweger Kollegen. Für die musikalische Umsetzung zeichnet sich meist der ebenfalls nicht unbekannte kanadische Produzent und Comedien Gonzales verantwortlich. Was Feists Stimme betrifft: Sie ist mir unbeschreiblich. Auf jeden Fall rührt sie an vielen Stellen zwischen dieser sehr eleganten, warmen Barmusik.

Feist