Brüssel - Fast zwei Wochen noch der verheerenden Flutkatastrophe in den Ländern um den Indischen Ozean wollen die EU-Außenminister am morgigen Freitag in einer Sondersitzung in Brüssel über ein effizienteres Krisenmanagement und weitere finanzielle Hilfsmaßnahmen beraten. Dabei wird auch der von Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner gemachte Vorschlag zur Schaffung eines zivilen EU-Krisenmangement-Korps erörtert werden. "Das ist eine Möglichkeit", sagte Kommissionssprecherin Francoise Le Bail am Donnerstag.

Auf der Geberkonferenz in Jakarta hatte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Donnerstag Unterstützung für Ferrero-Waldners Vorschlag gezeigt. Es sei aber noch zu früh, über Details zu sprechen, sagte seine Sprecherin. Derartige Vorschläge würden wahrscheinlich auch beim nächsten regulären Treffen der Außenminister am 31. Jänner näher beleuchtet. Ferrero-Waldner hatte den Aufbau einer zivilen Krisentruppe nach dem Vorbild der militärischen EU-Kampftruppen angeregt. Rund 5.000 Helfer aus den 25 Mitgliedstaaten sollten bis zum Jahr 2007 für den Ernstfall ausgebildet und EU-weit koordiniert werden.

Die luxemburgische Ratspräsidentschaft will am Freitag erst einmal eine Liste aller möglichen Initiativen erstellen. Auch der Vorschlag des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zur Schaffung kommunaler und regionaler Partnerschaften zum Wiederaufbau der Katastrophengebiete wird ein Thema bei dem Treffen der Außenminister sein. Für Österreich nimmt Außenministerin Ursula Plassnik (V) an der Tagung teil.

Im Zentrum dürften jedoch weitere Hilfszusagen der EU für die nächste Geberkonferenz am kommenden Dienstag in Genf stehen. Nach Angaben von EU-Diplomaten will der EU-Vorsitz schon annäherungsweise Einigkeit über eine Summe erzielen. UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat 977 Millionen Dollar (738 Millionen Euro) Soforthilfe für die Opfer der Flutkatastrophe in Asien gefordert.

Die von Barroso in Jakarta in Aussicht gestellten zusätzlichen 450 Millionen Euro an EU-Hilfe werden voraussichtlich erst nächste Woche abgesegnet, wenn das EU-Parlament in Straßburg zustimmt. Die EU-Fluthilfe erfordert umfangreiche Umschichtungen und die Beanspruchung von Notfallreserven im diesjährigen EU-Haushalt. Insgesamt stellt die Union 1,5 Millionen Euro aus den Beiträgen der Mitgliedstaaten und dem Gemeinschaftshaushalt zur Verfügung. Entscheidungen über mögliche Schuldenerlässe für die von der Flutkatastrophe betroffenen Staaten stehen nicht an. Darüber wird der Pariser Club der Gläubigerstaaten ab kommenden Mittwoch beraten.

EU-Entwicklungshilfe-Kommissar Louis Michel und der für humanitäre Hilfe zuständige luxemburgische Minister Jean-Louis Schiltz wollen die Außenminister über ihre Mission in der Katastrophenregion informieren. An der Sitzung werden zudem ranghohe Vertreter der UNO-Koordinationsstelle für humanitäre Hilfen (OCHA), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF teilnehmen. Sie werden die ebenfalls in Brüssel versammelten Gesundheitsminister, für Österreich Maria Rauch-Kallat (V), über die Seuchengefahr und weitere Risiken in der Krisenregion unterrichten.

Die EU-Außenminister beginnen ihre Beratungen am Nachmittag. Kritik war im Vorfeld des Treffens wegen der langsamen Reaktion der EU auf die Tsunami-Katastrophe laut geworden. "Ist es normal, dass man zehn Tage warten muss, bis es eine Versammlung des EU-Ministerrates gibt?", hatte etwa der französische Gesundheitsminister Philippe Douste-Blazy gefragt. (APA/Reuters)