Nairobi - Viele Menschen in Afrika sehen die Flutkatastrophe in Asien mit gemischten Gefühlen. Das Mitgefühl ist groß, aber es herrscht auch Furcht, dass die Konzentration der Weltöffentlichkeit auf die Opfer in Asien die Krisen in Afrika wieder in den Hintergrund rücken lässt.

Der britische Premierminister Tony Blair hat deutlich gemacht, dass das Ausmaß der Katastrophe in Asien bei aller Schrecklichkeit nicht einmalig ist: Blair will den britischen G8-Vorsitz dazu nutzen, Afrika auf der Agenda der Weltgemeinschaft nach oben zu schieben.

Urlaubsorte regen zu höheren Spenden an

Natürlich ist das Ausmaß der Katastrophe gewaltig, doch spielen bei den Spenden noch andere Faktoren eine Rolle. Da die Region ein beliebtes Urlaubsziel war, sind unter den Opfern nun auch viele Europäer zu beklagen. Viele kennen die Strände selbst oder haben Bekannte, die dort Urlaub gemacht haben. Die Flutwelle wurde zudem von zahlreichen Urlaubern auf Video festgehalten, und die schockierenden Bilder haben zusätzlich zum Spenden angeregt.

Namenlose Afrikaner

Das alles trifft für die afrikanischen Krisen von Bürgerkrieg bis zur Aids-Epidemie nicht zu. Hier sind die Opfer namenlose Afrikaner, und die Bilder zur Katastrophe sind entweder relativ unspektakulär oder längst ein bekannter Anblick. Ein Tsunami jede Woche - das bedeutet, dass knapp die Hälfte aller Afrikaner mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen, dass elf Millionen Kinder ihre Eltern durch Aids verloren haben und dass 90 Prozent aller Malariatoten aus Afrika stammen.

Nach Schätzungen der Organisation International Rescue Committee sterben in Kongo ungeachtet eines Friedensabkommens täglich im Schnitt 1.000 Menschen an Kriegsfolgen wie Hunger und Krankheiten.

Die Tsunami-Welle hat Afrika gleich zwei Mal getroffen: In Somalia sind nach jüngsten Schätzungen etwa 300 Menschen ums Leben gekommen. Und wenn der Hauptspendenfluss nun nach Asien umgeleitet wird, fürchten viele Hilfsorganisationen, dass Projekte in Afrika mit weniger Spenden auskommen müssen.(APA/dpa)