Belgrad - Nach dem gewaltsamen Tod eines jungen Albaners an der Grenze zu Mazedonien ist es am Wochenende im mehrheitlich von Albanern bewohnten Süden Serbiens zu neuen Spannungen gekommen. Serbische Grenzsoldaten hatten den 16-Jährigen am Freitag beim illegalen Überschreiten der Grenze zu Mazedonien erschossen. Der Junge sei in einem benachbarten Dorf auf mazedonischer Seite zu Besuch gewesen und bei der Rückkehr von Grenzsoldaten entdeckt worden, teilten die Behörden in Belgrad mit.

Der Tote wurde am Sonntag im Dorf Oraovica bei Presevo beigesetzt. Am Trauerzug nahmen etwa 20.000 Albaner teil, wie die Nachrichtenagentur Beta meldete. Ragmi Mustafi, Vorsitzender des Gemeinderates von Presevo, rief seine Landsleute zur Ruhe auf.

Die Belgrader Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) appellierte an die Behörden, eine umfassende Ermittlung des Zwischenfalles durchzuführen. Bei einem Besuch der Krisenregion versprach der Verteidigungsminister von Serbien-Montenegro, Prvoslav Davinic, eine gründliche Untersuchung. Rasim Ljajic, Minister für Menschen- und Minderheitenrechte, warnte am Sonntag vor einem "politischen Missbrauch" des Todes des jungen Mannes.

Albaner stürmten Gemeindeversammlung

Die Gemeindeversammlung von Presevo brach am Samstag eine Krisensitzung ab, nachdem mehrere hundert Albaner in den Sitzungssaal eingedrungen waren. Einer der Abgeordneten verlangte den Rückzug der Belgrader Armee und den Einsatz "ausländischer Truppen". Die Abgeordneten forderten die Bestrafung der Verantwortlichen sowie eine "diplomatische" Lösung der Albaner-Frage im gesamten Presevo-Tal.

Gewaltausbruch befürchtet

Beobachter befürchten, dass der Zwischenfall einen neuen Ausbruch der Gewalt zwischen albanischen Separatisten und serbischen Sicherheitskräften auslösen könnte. Die albanische Volksgruppe in den drei südserbischen Gemeinden an der Grenze zum Kosovo - Presevo, Bujanovac und Medvedja - war im Frühjahr 2001 um den Anschluss an den Kosovo bemüht. Die mehrmonatigen Kämpfe albanischer Extremisten mit den serbischen Sicherheitskräften wurden im Juni desselben Jahres durch ein Friedensabkommen beendet. Die albanische "Befreiungsarmee von Presevo, Bujanovac und Medvedja" (UCPBM) wurde unter Vermittlung der NATO und EU aufgelöst, nachdem ihr Serbien Straffreiheit garantiert hatte. (APA/dpa)