Liebe Güte, zieht sich das nun wieder! Das offizielle Österreich und die Versuche, die Folgen der Flutkatastrophe zu bewältigen, das ist auch nach zwei Wochen eine einigermaßen hilflose Veranstaltung.

Zuletzt ging es ums Geld. Acht Millionen Euro geben wir, rechnete die Regierung vor, aber es wird mehr werden. Es wird sicher nicht geknausert, hat Nationalratspräsident Andreas Khol am Sonntag versprochen. Dass in den bis dahin gültigen acht Millionen auch der Bundesheereinsatz und die Entwicklungshilfe eingerechnet waren, vielleicht sogar die Überstunden für die Beamten im Krisenzentrum in Wien - geschenkt, das machen andere Länder auch. Die anderen waren dabei freilich großzügiger.

Nein, nervend ist die Trägheit, mit der das alles vorankommt. Enervierende Taktiererei: Als Vertreter eines ziemlich reichen Landes will man auf der Geberseite nicht blöd dastehen, zu viel soll's aber auch nicht sein. Kleingeist und Fantasielosigkeit führen Regie. Es kann sich anscheinend niemand vorstellen, dass es auch bei Hilfsaktionen ein Return on Investment gibt. Die Deutschen waren schneller. Man darf sich ausrechnen, was es für die Wirtschaft des Nachbarlandes bedeutet, wenn ein Tsunami-Warnsystem nach deutschen Plänen errichtet wird. An solchen Überlegungen ist auch gar nichts Verwerfliches, der Gewinn solcher Hilfe liegt einfach auf beiden Seiten.

Österreich ist anders

Österreich ist anders. Hier reduzieren sich die Fragen auf eine Opernballdiskussion und die Flugtickets des Finanzministers. Der Opernball muss ja immer herhalten. Früher einmal haben ihn die Grünen laut verteufelt, immer wieder haben ihn SPÖ-Größen als Reibebaum entdeckt. Es gilt: Wer in den Wochen zwischen Dreikönigstag und Aschermittwoch soziales Gewissen demonstrieren will, muss dagegen sein - Bruno Kreisky machte seinerzeit laut seine Verachtung deutlich, Fred Sinowatz ging mit dem Zylinder in der Hand von Loge zu Loge und sammelte, Helmut Zilk erreichte im Golfkriegsjahr die Absage. Alfred Gusenbauer ist mit seinem Vorschlag der Ballabsage immerhin das Kunststück gelungen, Operndirektor Ioan Holender in die Rolle des Verteidigers der Veranstaltung zu zwingen. Und gesammelt wird auch wieder werden.

Die Opernballdebatte ist noch gar nicht der Höhepunkt, da ist noch die Sache mit den Flugtickets für den Finanzminister und seine Partnerin. Diese Peinlichkeit verstellt ja fast schon den Blick auf echte Ereignisse - dank Karl-Heinz Grasser erleben wir die Tragödie in Österreich als Komödie. Er wurde bedient - und für das Land gilt einmal mehr: Mit diesem Minister sind wir bedient.

Krisenfeuerwehr

Darüber verliert sich fast die Beschäftigung mit der Frage, ob der Kriseneinsatz von Anfang an so war, wie es der Steuer zahlende Staatsbürger erwarten darf. Der Eintritt der Katastrophe hat sich leider nicht an die heimische Ferienordnung gehalten. Das Land war in den Weihnachtsferien und ist nur langsam erwacht.

Im Außenministerium hat man versucht, Krisenfeuerwehr zu spielen. Wichtige Herren sind zu Sitzungen zusammengekommen, korrekt gekleidet an einem blank geputzten Tisch gesessen, Aktenordner waren dabei - ein Bild der Ordentlichkeit, wo man Laptops und Geschäftigkeit erwartet hätte. Dementsprechend hölzern war anfangs die Informierung der Öffentlichkeit, gerade so, als wäre jedes im Amt gesprochene Wort ein Bescheid.

Außenministerin Ursula Plassnik hat Fehler zugegeben. Und sie hat sie im gleichen Atemzug zu relativieren versucht. So schlimm war's auch nicht, meint sie - andere Länder waren ja auch ein bisserl träge. Das ist einerseits richtig, andererseits sollten wir uns vielleicht nicht an den Langsamen, sondern an den Schnellen orientieren.

Den einzigen überraschenden Zug hat der Bundeskanzler gemacht, indem er seinen ehemaligen Innenminister als Hilfekoordinator einsetzte. Die Volkspartei hat damit ihr Gewicht im karitativen Bereich massiv erhöht, ein Zeichen von Leadership. (DER STANDARD; Printausgabe, 10.1.2005)