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Anhänger des PLO-Chefs Mahmud Abbas feiern den Wahlsieg.

Foto: AP/Zemlianichenko
Ramallah - PLO-Chef Mahmud Abbas hat sich am Sonntagabend zum Sieger der Präsidentenwahl in den Palästinenser-Gebieten erklärt. Er widmete diesen Sieg seinem verstorbenen Vorgänger Yasser Arafat. Auf Nachwahlbefragungen beruhenden Prognosen zufolge haben sich 60 bis 70 Prozent der Wähler dafür entschieden, dass Abbas die Nachfolge des im November verstorbenen Arafat antreten soll. Für Abbas' stärksten Konkurrenten, Mustafa Barghuthi, haben sich der Prognose zufolge etwa 20 Prozent der Wähler entschieden.

Wahlbeteiligung 65 Prozent

Laut der Nachwahlbefragung des unabhängigen palästinensischen Zentrums für Politik und Forschung erhielten die übrigen fünf Kandidaten zwischen 3,8 und 0,7 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 65 Prozent der eingetragenen Wahlberechtigten. Eine Nachwahlbefragung der Bir-Zeit-Universität bescheinigte Abbas 66,1 Prozent der Stimmen, Barghuti kam demnach auf 18,1 Prozent. Die palästinensische Wahlkommission wollte am Montag offizielle Zahlen veröffentlichen.

"Wir widmen diesen Sieg der Seele unseres Bruders und Märtyrers Yasser Arafat und allen Palästinensern", sagte Abbas sagte Abbas am Sonntagabend vor hunderten jubelnden Anhängern in Ramallah. Er danke den Palästinensern für ihren "demokratischen Geist und beglückwünsche sie zu diesem Tag der Demokratie", sagte Abbas vor dem Hauptquartier der Palästinenserbehörde in Ramallah. Er werde sich dafür einsetzen, "den Leiden des palästinensischen Volkes ein Ende zu setzen", versprach der 69-Jährige.

Hoffnung in Israel

Israel hofft auf ein neues Kapitel in den Beziehungen mit den Palästinensern. "Wir hoffen, dass diese Wahl (...) einen neuen Weg bedeutet, den Weg des Friedens und der Versöhnung", sagte Raanan Gissin, Berater des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, am Sonntagabend. Gissin begrüßte ausdrücklich den Wahlsieg Abbas', der nach ersten Prognosen eine deutliche Zweidrittel-Mehrheit bei den Wahlen errungen hat.

Rückkehr zur Road Map denkbar

Er betonte, Abbas müsse zunächst entschieden gegen die terroristische Infrastruktur vorgehen und sich von dem "Weg des Terrors" entfernen, den sein Vorgänger Yasser Arafat verfolgt habe. Dann sei eine schrittweise Rückkehr zum internationalen Nahost-Friedensplan, der so genannten Road Map, denkbar.

US-Präsident George W. Bush zeigte sich "ermutigt" durch den Ablauf der Präsidentenwahl. Die Palästinenser hätten einen entscheidenden Weg auf dem Weg zur Demokratie genommen, erklärte Bush. "Dies ist ein historischer Tag für das palästinensische Volk und die Menschen im Nahen Osten." Der Wahlablauf sei von Beobachtern als "überwiegend frei und fair" beschrieben worden.

Powell verspicht Geld

Im US-Fernsehsender ABC stellte US-Außenminister Colin Powell ein stärkeres Engagement Washingtons in der Region in Aussicht für den Fall, dass die neue Spitze der Autonomiebehörde Entgegenkommen zeige. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana zeigte sich optimistisch, dass mit dem neuen Palästinenserpräsidenten der Friedensprozess wieder aufgenommen könnte.

Jubel in Ramallah

In Ramallah wurde Abbas' prognostizierter Wahlsieg am Sonntagabend frenetisch gefeiert. Mitglieder der Fatah-Bewegung fuhren durch die Straßen und feuerten Maschinengewehrsalven in die Luft. Jubelnde Menschen zündeten Knallkörper im Stadtzentrum und vor dem Hauptquartier des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Arafat. Autofahrer veranstalteten Hupkonzerte und fuhren mit der palästinensischen Fahne und Abbas-Porträts durch die Straßen.

Nach Ansicht internationaler Wahlbeobachter hatte Israel sein Versprechen gehalten und die Kontrollen für die Palästinenser weitgehend gelockert, um einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten. Die Palästinensische Wahlkommission warf Israel jedoch vor, entgegen ihrer Zusagen die Bewegungsfreiheit der Wähler eingeschränkt zu haben.

Barrieren schränkten auch am Wahltag die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung ein. Vor allem in Ost-Jerusalem, das seit 1967 von Israel besetzt ist, gab es Beschränkungen. Weil Israel den annektierten arabischen Teil als eigenes Hoheitsgebiet betrachtet, durften die Wähler nur in fünf Postämtern und zwölf Wahllokalen in Vororten ihre Stimme abgeben. Wegen der Probleme blieben die Wahlbüros zwei Stunden länger geöffnet. Für die Palästinenser war es erst die zweite Präsidentschaftswahl in ihrer Geschichte nach 1996. (APA/Reuters)