"Abbas beginnt mit einer Reihe von Vorteilen. Erstens ist er nicht Yasser Arafat. Zweitens kennt er die Israelis gut. Er war einer der Architekten und Chefunterhändler der Verträge von Oslo. Drittens verstand er während seiner kurzen Zeit als erster palästinensischer Regierungschef sehr gut, wie frustriert und verärgert die palästinensische Bevölkerung über die Inkompetenz, die zügellose Korruption und die mangelnde Transparenz und Kontrolle des Regimes von Arafat war. Sharons Reaktion wird nun wesentlich von Abbas' ersten Schritten abhängen. Beide Seiten wissen, dass sie einen langen, langen Weg zusammen gehen müssen. Die gestrige Wahl war nur der erste Schritt. Aber es war ein Schritt in die richtige Richtung."
"Die Wahl von Mahmud Abbas ist ein wichtiger Augenblick für Palästinenser und Israelis - und für die Hoffnung auf Frieden in dem blutigen, bitter umkämpften Land, das sie teilen. Der stille Pragmatiker, der jetzt Yasser Arafat als Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde nachfolgt, sieht sich großen Erwartungen aus der ganzen Welt gegenüber. Er verdankt seinen Sieg der schweigenden Mehrheit der Palästinenser, die sich nach einem normalen Leben in einem eigenen Staat sehnt. Israel muss darauf eingehen."
"Ein Frieden mit Israel wird jetzt möglich. Israel und die USA wollen nun mit (dem neu gewählten Palästinenserpräsidenten) Mahmud Abbas verhandeln, während sie jeden Dialog mit (seinem Vorgänger) Arafat abgelehnt haben. Wenn Abbas das Vertrauen seines Volkes behalten will, muss er sehr rasch zeigen, dass die Palästinenser durch einen Dialog mehr zu gewinnen haben als durch Gewalt. Der israelische Premierminister Sharon kann Abbas das Leben schwer machen oder ihm seine Aufgaben erleichtern, wenn zu erkennen ist, dass der Terrorismus mit Erfolg bekämpft wird. Die Demokratie der Palästinenser ist zu begrüßen, ihr gewählter Vertreter entschieden zu unterstützen. Sharon muss überzeugt werden, ihm keine Steine in den Weg zu legen."
"Der Nachfolger Arafats hat sicherlich ein Mandat seines Volkes für Verhandlungen mit Israel erhalten, doch es ist kein Freibrief. Abbas ist ohne wirklichen Gegenkandidaten gewählt worden, und er ist verpflichtet, zu Ergebnissen zu kommen. Dies bedeutet, dass jede Verzögerung auf dem Weg einer positiven Entwicklung gegen ihn gewendet werden könnte. Es ist noch offen, ob die internationale Nahost-Konferenz, die am 1. März in London stattfindet, der richtige Rahmen für einen wirklichen Fortschritt ist. Israel ist nicht vertreten, und viele Palästinenser sind gegen die Konferenz. Abbas hat sein politisches Schicksal an einen vernünftigen Kompromiss geknüpft - seine Chance muss er rasch nutzen".
"Das eigentliche Ergebnis der Wahl hängt allerdings von den künftigen Beziehungen zwischen Mahmud Abbas und den Hamas-Terroristen ab. Das Risiko eines Fehlschlages besteht weiter. Zumindest, wenn sich nicht alle betroffenen Seiten so klug zeigen und das alte Rezept des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Rabin zu neuer Aktualität verhelfen: Verhandeln, als ob es keinen Terrorismus gäbe und zugleich den Terrorismus bekämpfen, als ob es keine Verhandlungen gäbe."
"Die palästinensischen Wahlen haben sich in einer ausreichend korrekten Form vollzogen, gewählt wurde der gemäßigte Mahmud Abbas mit einer großen Mehrheit, und sofort nach den Ergebnissen begann sich eine Euphorie fast überall zu verbreiten, in Israel, in Washington und unter den europäischen Regierungen. Es gibt in der Tat viele, die sich überzeugt äußern, dass es endlich an der Zeit ist, die Kluft zur Wiederaufnahme von Verhandlungen zu überwinden, einen Kompromiss zu vereinbaren und der Fehde zwischen Israelis und Palästinensern ein Ende zu setzen. Aber es empfiehlt sich Vorsicht, denn es könnte sich um einen allzu simplen Optimismus handeln."
Die konservative polnische Zeitung "Rzeczpospolita" (Warschau):
"Der neue Führer der Autonomiegebiete wird sicherlich und bald der erste Führer eines unabhängigen palästinensischen Staates sein. Er hat auch die Chance, in die Geschichte einzugehen als derjenige, der das Ende des palästinensisch-israelischen Konflikts herbeiführte, der schon einige Generationen begleitete. Neuer Vorsitzender der Autonomiebehörde wird Mahmud Abbas. Der ehemalige Ministerpräsident, der als kompromissfähiger Anhänger von Friedensverhandlungen gilt, lag nicht nur in den Umfragen vorne. Er erfreute sich nicht nur der Unterstützung der Palästinenser, er gründete auch Hoffnung in Israel und den USA, von denen im Nahen Osten so viel abhängt. (...) Viel hängt jedoch davon ab, ob der neue Vorsitzende der Autonomiebehörde sich gegen die Parolen der palästinensischen Straßen stemmen kann, ob er Entscheidungen treffen kann, die seine Umfrageergebnisse verschlechtern."
Die rechtsliberale dänische Tageszeitung "Jyllands- Posten" (Arhus):