Ein Berufungssenat bestätigte damit vollinhaltlich ein Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt, gegen das die Frau eine umfangreiche Berufung eingebracht hatte. Darin legte sie dar, die katholische Kirche verfolge eine verfehlte Haltung zur Sexualität und vertusche seit Jahrzehnten den Missbrauch von Kindern durch kirchliche Würdenträger. Letztlich sei dafür der Papst verantwortlich.
Die Verteidigerin sprach von zulässiger, wenn auch sehr harter Kritik, die aber im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten freien Meinungsäußerung bleibe. Die Beschuldigte blieb bei ihren Aussagen. Zum Beweis für ihre Richtigkeit beantragte sie unter anderem die zeugenschaftliche Einvernahme von Kardinal Christoph Schönborn.
Mit sich reden lassen wollte sie nicht. "Warum hören Sie mit dem Schreien nicht auf?", meinte Erich Ehn, Anwalt der Erzdiözese Wien am Rande der Verhandlung. - "Ich muss mich mit Ihnen nicht unterhalten, wenn Sie nichts dagegen haben!"
"Symbolische Strafe"
Das Berufungsgericht schmetterte die zusätzlichen Beweisanträge ab und stellte fest, das Papsttum werde im vorliegenden Fall in nicht tolerierbarer Weise herabgewürdigt. "Das ist der Versuch einer Verächtlichmachung und keine sachbezogene Kritik", erklärte Richter Ortwin Kahler. Die inkriminierte, regelmäßig öffentlich wiederholte Äußerung wirke "nicht nur schockierend, sie enthält auch den gegen höchste Amtsträger gerichteten Vorwurf strafbarer Handlungen".
Eine "symbolische Strafe" sei notwendig, auf Grund mangelnder Schuldeinsicht komme eine bedingte Nachsicht nicht in Frage, hieß es in der Urteilsbegründung.