Major Andreas Peer versteht es, das Vertrauen der Menschen, die sich nach dem Tsunami in primitive Verschläge tief in den Wald bei Unawatuna zurückgezogen haben, zu gewinnen: Wenn er mit einem auf einen Pinzgauer aufgeladenen Wassertank zu der kleinen Wegkreuzung kommt, dann nutzt es meist nicht viel zu rufen: "Bring bottles - we have fresh water!"

Wenn er aber einen Becher Wasser aus der Trinkwasseraufbereitungsanlage des Bundesheers trinkt und dann sein charmantes Schwiegersohn-Lächeln aufsetzt, dann kommen alte Frauen und junge Buben mit ihren Kanistern.

Die Menschen wissen nicht, wem sie trauen sollen. Diese Wasserlieferung ist okay. Ist das aber die Aufforderung zur Impfung auch? Nein, verlautbart das Gesundheitsministeriums Sri Lankas offiziell: Ohne ausdrückliche Empfehlung sollten sich Tsunamiopfer nicht impfen lassen.

"Keine Seuchengefahr"

Die Gerüchte, wonach sich Ansteckungskrankheiten in Lagern ausbreiteten, seien auf Übertreibungen in den Medien zurückzuführen. Weder in Galle, noch in den Lagern von Ampara, Kalutara oder Jaffna gebe es ernsthafte Gesundheitsprobleme, lediglich vier Fälle von Durchfall und einige Erkältungen meldete der Epidemiologische Dienst.

Gerüchte sind hier ohnehin hoch im Kurs. Zwischen 2. und 8. Jänner werde es einen zweiten Tsunami geben, lautete eine populäre Story. Als am Freitag auffallend unruhige See herrschte, flohen viele.

Von einem Tsunami sei aber trotz der Nachbeben nicht die Rede, hieß es in wissenschaftlichen Erklärungen in den Zeitungen. Dazu bedürfe es der Bedingungen vom 26. Dezember: Ein Beben am Meeresgrund mit einer Stärke von mindestens 6,5 nach Richter.

"Waffenversuche"

Die Menschen glauben aber inzwischen auch allen möglichen anderen Erklärungen, zum Beispiel jener, dass in Wirklichkeit nicht ein Beben den Tsunami ausgelöst habe, sondern ein ganz, ganz geheimer Waffenversuch; oder, dass es einen geheimnisvollen Zusammenhang damit gebe, dass der Tsunami genau ein Jahr nach dem Erdbeben im Iran aufgetreten ist.

Auch das Hilfskontingent des Bundesheers, das neben seiner Trinkwasseraufbereitung ein voll ausgestattetes Lager aufgebaut hat, ist mit seltsamen Gerüchten konfrontiert: Erst hieß es, das in Sri Lanka vorhandene Wasser köne gar nicht aufbereitet werden. Dann wurde verbreitet, dass der Minensuchtrupp einen gefährlichen Einsatz bei einem Jugendheim gehabt habe - obwohl dieser Trupp das Camp nie verlassen hatte.

Oder dass der Einsatz nach den geplanten vier Wochen auf unbestimmte Zeit verlängert würde. Kommunikationsoffizier Major Norbert Schartner findet es sympathisch, dass der Bundesheereinsatz so populär ist: "Wir hatten noch nie bei einem Einsatz so starkes Medienecho im Gastland - aber es gibt leider auch einige Missverständnisse. Wenn wir den Einsatz verlängern sollen, dann wäre das eine politische Entscheidung, die Sri Lanka offiziell beantragen müsste und die dann in Wien gefällt werden müsste." (Conrad Seidl aus Galle; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.01.2005)