Vision der Heiligen Klara von einem Nürnberger Retabel 1350/60. Privatbesitz Großbritannien
Foto: Hector Innes/Kunst- und Austellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Bonn - "Krone und Schleier", eine Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, in Kooperation mit dem Ruhrlandmuseum in Essen und der Kunststiftung NRW, widmet sich allen Formen weiblichen Religiosentums vom frühen Mittelalter bis zur Reformation im 16. Jahrhundert.

Im Zentrum der Ausstellung von 19. März bis 3. Juli stehen "Werke", die von und für Klosterfrauen und Stiftsdamen angefertigt wurden. Wie waren ihre Bauten ausgestattet, welche Bilder verehrten sie und welche Bücher lasen sie? Die Ausstellung zeigt, dass der Anteil der Frauen als Künstlerinnen wie als Auftraggeberinnen an der Kunst des Mittelalters viel größer war als bisher allgemein angenommen wurde.

Inhalt

Die normativen, herrschaftlichen und ökonomischen Bedingungen für die Existenz und die Entfaltung von Frauenklöstern und -stiften rücken dabei ebenso in den Blick wie die praktizierte Religiosität, die Theologie und die Wissensinhalte. Sechshundert hochkarätige Exponate aus den großen Sammlungen der Welt, aus ehemaligen Stiftskirchen und noch bestehenden Klosterschätzen, werden für drei Monate zu sehen sein, darunter viele Ensembles, die nach der Auflösung der Klöster verstreut wurden und nun erstmals wieder vereint werden.

Orte

Die Ausstellung wird gleichzeitig in Essen und Bonn gezeigt. Beide Teile sind unabhängig voneinander zu besuchen und zu verstehen - und nehmen doch durch eine konsequent abgestimmte Konzeption und Präsentation in vielfältiger Weise Bezug aufeinander. In Essen, wo bis 1803 eines der ältesten und bedeutendsten Damenstifte bestand, wird schwerpunktmäßig die Tradition der mittelalterlichen Frauenstifte, insbesondere der "sächsischen" zwischen Rhein und Elbe, beleuchtet, während in Bonn die von Reformen, Neugründungen und Reformationen geprägte Vielfalt der Frauenklöster ausgebreitet wird.

Damit ist eine zeitliche Schwerpunktsetzung verbunden: In Essen geht es um die Frühzeit der Frauengemeinschaften vom 6. bis zum 12. Jahrhundert, als zwischen Kloster und Stift kaum oder nur undeutlich unterschieden wurde. In Bonn steht die Zeit der religiösen "Frauenbewegung" im Zeichen der Orden und der Mystik im Mittelpunkt, wovon nicht nur die Bewohnerinnen der neuen Städte erfasst wurden, sondern die gesamte Gesellschaft des Hoch- und Spätmittelalters betroffen war. Eine zunehmend strengere Klausur regelte das Leben der Frauen in den Konventen. Zeitlicher Endpunkt ist die Reformation.

Gebrauchszusammenhänge

Während die Essener Ausstellung die Organisationsformen, die religiösen Aufgaben und weltlichen Machtansprüche der in einigen Fällen auch politisch hochbedeutsamen Frauenstifte präsentiert, wird die Bonner Schau die räumliche Gliederung eines Frauenklosters nachvollziehen. Die verschiedenen Gebrauchszusammenhänge der heute überwiegend als Museumsstücke "stillgelegten" Kunstwerke werden so rekonstruiert.

Es soll nicht nur um anerkannte "Ausnahmen" wie Hildegard von Bingen oder Hrotsvith von Gandersheim gehen - die freilich auch ihre bedeutende Rolle spielen werden -, sondern um eine breite Bewegung vieler, wenn auch meist namenloser Frauen und um ein großes Spektrum ihrer "Geschichten" und ihrer "Werke". Neben illuminierten Handschriften für das private Gebet und die liturgischen Handlungen werden prächtige Reliquiare und liturgische Geräte, kunstvoll gearbeitete Textilien, kleinformatige Andachtsbilder und monumentale Skulpturen, Tafelgemälde und Altarretabel ausgestellt - die ganze Bandbreite derjenigen Kunstwerke also, die den Alltag der weiblichen Religiosen formten und strukturierten.

Zum einen werden zahlreiche wenig bekannte oder selten zu sehende Werke präsentiert, zum andern konzentriert sich die Ausstellung darauf, wichtige Ensembles temporär wieder zusammenzuführen, so beispielsweise Bildwerke und Handschriften aus St. Katharinenthal in der Schweiz, aus Chelles in Frankreich oder aus Essen.

KuratorInnen : Lothar Altringer (KAH Bonn), Jan Gerchow (RLM Essen), Jeffrey Hamburger (Harvard), Carola Jaeggi (Erlangen), Susan Marti (RLM Essen), Petra Marx (KAH Bonn), Hedwig Röckelein (Göttingen), Robert Suckale (Berlin). Ein Katalog mit 632 Seiten und circa 500 Abbildungen erscheint zur Ausstellung (Preis ca. € 34). (red)