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Straßburg - Frankreichs berühmte Verwaltungshochschule ENA, die seit Montag ihren Sitz vollständig in Straßburg hat, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Der damalige Übergangs-Regierungschef Charles de Gaulle unterzeichnete das Dekret am 9. Oktober 1945. Die ENA sollte Spitzenbeamte für Frankreichs Staatsapparat ausbilden; dies ist noch immer ihre zentrale Rolle. Von den bisher 5334 ENA-Absolventen wählten gut zwei Drittel zunächst Posten in der französischen Verwaltung.

Im Jahr 2000 wurde mit der Philosophin Marie-Francoise Bechtel erstmals eine Frau zur Leiterin der Elite-Hochschule ernannt. Der damalige Minister der links-liberalen Jospin-Regierung, Michel Sapin, erklärte, die Personalentscheidung sei Teil der Regierungspolitik, Spitzenposten in der Verwaltung gleichmäßig an Männer und Frauen zu vergeben. Seit Dezember 2002 ist Antoine Durrleman Chef der ENA. Der ehemalige Absolvent war im Kabinett von Chirac während dessen Amtszeit als Premierminister (1986-88) sowie Berater von Ex-Premier Alain Juppé.

"Enarchen" an allen wichtigsten Schaltstellen der Macht

Seit Jahrzehnten sitzen "Enarchen" auch an allen wichtigen Schaltstellen von Politik und Wirtschaft und bilden einflussreiche Seilschaften. Zum illustren Kreis zählen Präsident Jacques Chirac und Ex-Präsident Valery Giscard d'Estaing, sechs von 14 Premierministern der Fünften Republik sowie zahllose Minister, Abgeordnete und Senatoren. Die Absolventen gehen über die Parteigrenzen hinweg: Auch der Vorsitzende der französischen Sozialisten, Francois Hollande, sowie der sozialistische Ex-Premier Lionel Jospin, sind Absolventen der Kaderschmiede. Jospin lehrte

Der jetzige Premier Jean-Pierre Raffarin muss auf das prestigeträchtige Label in seinem Lebenslauf verzichten - neun seiner Minister haben es. Auch in der französischen Wirtschaft haben viele "Enarchen" das Sagen, unter ihnen Arbeitgeberpräsident Ernest-Antoine de Seilliere und der Chef des Autobauers Renault, Louis Schweitzer.

Steiniger Weg zur Aufnahme

Der Weg in die ENA ist steinig. Die französischen Kandidaten, von denen viele bereits andere renommierte Hochschulen absolviert oder schon im Öffentlichen Dienst gearbeitet haben, werden in einem harten Verfahren ausgesiebt. Nicht wenige büffeln jahrelang für den "concours". Haben sie den geschafft, sind sie während der bisher 27 Monate dauernden Ausbildung bereits gut vergütete Beamte.

Die ursprünglich in Paris angesiedelte Eliteschule steht traditionell auch Ausländern offen. Bisher wurden dort rund 2200 nicht-französische "Enarchen" ausgebildet, unter ihnen viele aus Frankreichs ehemaligen Kolonien. Das größte Kontingent stellen aber mit fast 300 Absolventen die Deutschen. In der Bundesrepublik trifft der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) die Vorauswahl und zahlt auch das Stipendium von monatlich rund 2200 Euro. Anschließend werden die Kandidaten von einer Jury auf Herz und Nieren geprüft. (APA/red)