Bonn - Im Streit zwischen Europäern und Amerikanern, den Kulturbereich nicht wie jedes Wirtschaftsgut allein dem Weltmarkt zu überlassen, will die UNESCO einen Lösungsvorschlag präsentieren. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen arbeitet derzeit an einem Entwurf des Übereinkommens zum Schutz der kulturellen Vielfalt. Darin solle festgelegt werden, "wie viel Staat die Kultur verträgt und wie wenig Beschränkungen möglich sind", sagte der Generalsekretär der deutschen UNESCO-Kommission, Roland Bernecker.

Europäer und Amerikaner nehmen unterschiedliche Positionen ein. Ende Jänner steht die zweite zwischenstaatliche Konferenz von Regierungsexperten zum Textentwurf in Paris an. "Dabei muss sich erweisen, ob es gelingen kann, mit 190 Mitgliedstaaten ein solches Dokument zu erarbeiten", sagte Bernecker.

Standpunkte

Die 25 EU-Staaten zumindest ziehen nach seinen Angaben an einem Strang. "Wir haben es hier mit einem Kernthema der Globalisierung zu tun", sagte Bernecker. Die Welthandelsorganisation (WTO) handle nach dem Prinzip: Abbau von Handelsschranken und Liberalisierung von Märkten. Im Bereich der Kultur bedeute das, dass die Finanzierung zum Beispiel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der Theater, Bibliotheken und Opernhäuser unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs in Frage gestellt werden könnte.

Die US-Delegation habe sich dahingehend ausgesprochen, dass sie kein Interesse daran habe, dass Handelsschranken zementiert oder neue Hindernisse für ihre Produkte aufgebaut würden, sagte Bernecker. Die EU-Staaten dagegen, allen voran Frankreich, wollen in dem Dokument klare Aussagen zum Recht der Staaten, kulturpolitische Maßnahmen zu ergreifen - auch mit Blick auf handelsrelevante Dinge. "Diese müssen klar im Text verankert werden", sagte Bernecker.

Auch innerstaatliche Vielfalt

Der Entwurf dürfe aber auch nicht so weit gehen, dass er falsche Tendenzen festschreibe oder Signale in Richtung einer Bevormundung, einer Abgrenzung oder eines von niemandem gewollten Protektionismus setze, sagte Bernecker. Vielfalt solle nicht nur als Vielfalt zwischen Staaten verstanden werden. Auch innerstaatlich müsse auf die Förderung eines Pluralismus gedrängt werden. Das gerade sei ja auch die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens.

Wenn es nur private Sender gäbe, geriete die kulturelle Vielfalt ins Hintertreffen. Es liege also im Interesse der innerstaatlichen Vielfalt, dass der Staat seiner kulturpolitischen Verantwortung gerecht werde. "Das darf natürlich nicht dazu führen, dass Leute bevormundet werden und dass der Staat ihnen was vorsetzt." (APA/dpa)