Wien - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet für das vierte Quartal 2004 und das erste Quartal 2005 ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Österreich von je 0,6 Prozent (saisonbereinigt, im Vergleich zum Vorquartal). Damit wachse die heimische Wirtschaft zwar etwas langsamer als im zweiten und dritten Quartal 2004, bleibe jedoch weiterhin auf einem dynamischen Wachstumspfad.

Laut aktuellem OeNB-Konjunkturindikator ergibt sich im Jahresabstand für die beiden prognostizierten Quartale eine weitere Beschleunigung auf 2,7 und 2,8 Prozent. Derartige Wachstumsraten seien letztmals im Jahr 2000 verzeichnet worden, hieß es am Mittwoch in einer Pressemitteilung der OeNB.

2,1 Prozent Wachstum im Gesamtjahr 2004 erwartet

Für das Gesamtjahr 2004 ergibt sich aus dieser Kurzfristprognose damit ein Wachstum von 2,1 Prozent, gab die Nationalbank weiter bekannt. Im Vergleich mit der OeNB-Herbstprognose bedeutet das eine Verbesserung um rund 1/4 Prozentpunkt. Wifo und IHS gehen in ihren kurz vor Weihnachten vorgelegten Konjunkturprognosen für das abgelaufene Jahr 2004 von einem realen Wirtschaftswachstum von 1,9 bzw. 2,0 Prozent aus.

Die OeNB begründet ihre nach oben revidierte Prognose einerseits mit einem unerwartet starken Wachstum im dritten Quartal 2004. Andererseits zeigten Datenrevisionen jetzt ein stärkeres Wachstum in der ersten Jahreshälfte 2004. Die Wachstumserwartung für das vierte Quartal sei mit plus 0,6 Prozent gegenüber der Herbstprognose (plus 0,5 Prozent) praktisch unverändert geblieben.

"Das Wirtschaftswachstum wird nun zunehmend von der Inlandsnachfrage getragen, während wir eine Abschwächung der Exportdynamik erwarten", so OeNB-Direktor Josef Christl zu den derzeitigen Wachstumsperspektiven.

Export unterstützte Wachstum

In ersten drei Quartalen 2004 sei das Wachstum in erster Linie durch den boomenden Export getragen worden. Dieser habe der Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar bisher gut standhalten können. Laut OeNB mehren sich aber die Anzeichen, dass ab dem vierten Quartal im Einklang mit der internationalen Konjunktur mit einer Verlangsamung des Exportwachstums zu rechnen ist. Darauf würden sowohl die zuletzt verfügbaren Exportdaten als auch die Entwicklung der Auslandsaufträge hindeuten.

Das Wachstum der Investitionen habe sich nach einer Abschwächung im ersten Halbjahr im dritten Quartal wieder beschleunigt. Gegen Jahresende sei ebenfalls mit einem kräftigen Investitionswachstum zu rechnen. Dafür sprächen der Anstieg der Kapazitätsauslastung und die damit verbundene Notwendigkeit kapazitätserweitender Investitionen sowie das Auslaufen der Investitionszuwachsprämie.

Verhaltene Entwicklung beim privaten Konsum

Laut den heutigen Angaben der OeNB hat sich der private Konsum 2004 sehr verhalten entwickelt. Zu Beginn des Jahres 2005 dürften die zweite Etappe der Steuerreform sowie das anhaltende Beschäftigungswachstum zu einer spürbaren Zunahme der Haushaltseinkommen führen und damit den privaten Konsum stimulieren. Dämpfend wirkten hingegen die höhere Inflation, die moderaten Lohnabschlüsse und die Belastungen aus dem Finanzausgleichspaket.

Die Lage am Arbeitsmarkt sei von hohem Beschäftigungswachstum bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Die Arbeitslosenquote (laut Eurostat) stieg 2004 um 0,2 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent. Dies, so die OeNB, erkläre sich durch ein kräftiges Wachstum des Arbeitskräfteangebots in Folge der Pensionsreformen 2000 und 2003 und die starke Zunahme ausländischer Arbeitskräfte.

Den weiteren Verlauf der Konjunktur im Jahr 2005 sieht die OeNB von folgenden Faktoren bestimmt: Die Exportkonjunktur hängt von den internationalen Konjunkturaussichten sowie dem Außenwert des Euro ab. Bezüglich der Investitionstätigkeit bleibt unsicher, in welchem Ausmaß die Investitionszuwachsprämie zu Vorzieheffekten geführt hat und damit im Jahr 2005 dämpfend wirken wird. Entscheidend für die Belebung der Inlandsnachfrage sei auch, in welchem Ausmaß die Konsumenten die zusätzlichen Einkommen aus der zweiten Etappe der Steuerreform für Konsumzwecke nützen werden. (APA)