Die Länder Mittel- und Osteuropas schlagen die Bildung humanitärer "battle groups" vor, die im Katastrophenfall rasch Hilfe in betroffene Gebiete bringen können. Außenministerin Ursula Plassnik hofft, dass die in Warschau präsentierte Idee in der gesamten EU Schule macht.

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Warschau/Wien - Konsequenzen aus der Flutkatastrophe beherrschten am Mittwoch das Außenministertreffen der Regionalen Partnerschaft (Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Österreich) in Warschau. Erörtert wurde dabei die Umsetzung des gemeinsamen Vorschlags des jüngsten Außenministerrats. Diese von der österreichischen Ressortchefin Ursula Plassnik im Namen der Sechs vorgebrachte Initiative schlägt humanitäre Einsatzgruppen nach dem Vorbild der militärischen "battle groups" vor, um künftig auf Katastrophen wie den Tsunami schneller und effizienter reagieren zu können.

Jedes Land übernimmt bestimmte Aufgaben

Nach dem Vorschlag Plassniks sollten solche Einsatzgruppen zunächst innerhalb der Länder der Regionalen Partnerschaft formiert werden. Dass das Beispiel dann in der gesamten EU Schule macht, ist durchaus erwünscht. Konkret könnte eine Zusammenarbeit so aussehen: Ein Land stellt Transportflugzeuge zur Verfügung, andere Länder Trinkwasseraufbereitungsanlagen, mobile Spitäler oder Experten für verschiedenste Einsatzbereiche. Die Teams werden in kürzester Zeit zusammengestellt und dann in die betroffene Region gebracht, wo sie sich um die Bürger der jeweiligen Länder und um die einheimische Bevölkerung kümmern.

Zusammenarbeit bei konsularischer Betreuung

Gedacht ist ferner an eine Zusammenarbeit bei der konsularischen Betreuung von Katastrophenopfern: Etwa, dass an einem bestimmten Ort der Konsul eines Landes den Bürgern aller Partnerländer zur Verfügung steht. "Wir wollen unseren Bürgern zeigen, dass wir entschlossen sind, ihnen in Notsituationen zu helfen", sagte Plassnik am Mittag vor der Presse in Warschau.

Zu Befürchtungen österreichischer Nichtregierungsorganisationen (NGO) die heimische Tsunamihilfe könne zulasten des Budgets der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) gehen, sagte Plassnik am Rande des Treffens zum STANDARD, sie werde alles tun, um das zu verhindern, und diese Position auch gegenüber Finanzminister Karl-Heinz Grasser vertreten.

Zwölf konkrete Projekte

Laut Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) wurden bereits zwölf konkrete Projekte angedacht - eine Reihe davon durch Kofinanzierung bezahlt. Nach Angaben des Außenministeriums kommen die dafür bereitgestellten 2,1 Millionen Euro aus dem flexiblen Teil des EZA-Budgets, der nicht zweckgewidmet ist.

Das Nein Grassers zu einer steuerlichen Absetzbarkeit von Privatspenden hat bei Hilfsorganisationen indes Enttäuschung ausgelöst. Österreich stehe in diesem Punkt von Finnland abgesehen "einmalig in Europa" da, sagte Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner. Dabei sei es "hoch an der Zeit, die beeindruckende Bereitschaft der Österreicher, mit in Not geratenen Menschen zu teilen, staatlicherseits zu begünstigen".

Stummvoll für Grasser

ÖVP-Budgetsprecher Günter Stummvoll hingegen verteidigte Grassers Position. Es sei "nicht einzusehen, dass Besserverdienende von einer 1000-Euro-Spende 500 Euro wieder vom Finanzamt zurückholen könnten und im Gegensatz dazu die Bezieher von niedrigen Einkommen nichts von einer Absetzbarkeitsregelung hätten". (bri, jk, DER STANDARD Printausgaben 13.1.2004)