Wien - Manfred Stohl hat am Dienstag im Werk von "Citroen Sport" nahe Versailles seine erste Testfahrt mit dem Citroen Xsara World Rallye Car, dem aktuellen Weltmeisterauto, absolviert und seine Gefühle fahren seitdem Hochschaubahn: "Ein super Auto, aber extrem schwer zu fahren. Ich habe großen Respekt, mehr als erwartet. Und ich dachte, ich bin eh so ein alter Fuchs", kam es dem 32-Jährigen mit der Erfahrung von 84 WM-Läufen am Donnerstag in Wien fast ein wenig kleinlaut über die Lippen. Kommende Woche (21. - 23. Jänner) wird er den WM-Auftakt in Monte Carlo bestreiten, es ist der erste von zehn geplanten WRC-Einsätzen 2005.

Nach der Sitzprobe im Xsara, den im Vorjahr Weltmeister Sebastien Loeb gelenkt hat (zuletzt in Sardinien/Zweiter), sah Stohl seiner ersten Fahrt mit großer Euphorie entgegen. Doch was dann kam, lässt ihn die Erwartungen für den Saison-Auftakt zurückschrauben: "Ich habe geglaubt, ich bin bei ,Versteckte Kamera' und die verarschen mich: In einem Diesel Citroen AX kam ein uralter Mann angefahren, hundert Jahre alt. Ich dachte mir, der wird die Strecke absperren. Doch dann zieht er sich einen Overall an und setzt sich in mein Auto. Er hatte sogar einen Sitz mit seinem Namen. Es war der Testfahrer."

Und der drehte dann seine Runden auf dem Testgelände, mit Stohl am Beifahrersitz: "Er fuhr langsam, ich hab das nicht geglaubt, als ob er in die Arbeit will, dann nur ein bisserl schneller. Im Nachhinein weiß ich, dass er sensationell gefahren ist." Denn der OMV-Pilot hatte nach drei selbst gefahrenen Runden "Tränen in den Augen, weil ich gedacht habe, ich habe das Fahren verlernt. Das Auto ist extrem hart, fährt sich wie ein Rundstreckenauto. Es verzeiht keine Fehler, reagiert auf jede Bewegung. Da hab ich jetzt noch viel zu tun." Für Monte Carlo nimmt er sich deshalb vor, "auf der Straße zu bleiben. Ich werde eher die sichere Version wählen."

Dass sich Citroen von der Kooperation mit dem OMV World Rallye Team - der zweite Pilot steht noch nicht fest, kommt aber erst ab Sardinien zum Einsatz - einiges erwartet, hat Stohl mehrfach zu hören bekommen. "Das macht die Sache für mich nicht einfacher. Die Achtung vor Loeb ist noch größer geworden. Er ist mit diesem Auto 16 Läufe fehlerfrei gefahren."

Hatte Stohl bisher geglaubt, das Geheimnis der erfolgreichen Manufaktur liege im Motor, so hat er seine Meinung nun geändert: "Das muss einerseits der Loeb selbst sein, und andererseits, wie das Auto zu fahren ist. Ich werde jetzt aber auch nichts ändern, um es weicher zu machen, sondern damit umgehen lernen." Mit einem Blick auf vergangene Citroen-Piloten gibt er sich selbst recht: "Der Carlos (Sainz/Anm.) hat sich sehr schwer getan und der Colin (McRae) hat ein Desaster erlebt." Samstag und Sonntag will Stohl in den französischen Seealpen 150-Testkilometer absolvieren, Dienstag und Mittwoch ist offizielles Training.

Neu ist für Stohl, der vergangenen Saison mit einem Mitsubishi Lancer in der Production WRC engagiert war und Gesamtsechster dieser Serie wurde, auch die Lenkrad-Wipp-Schaltung ("Ein paar Mal hab ich den Knüppel schon noch gesucht") und dass er Michelin-Reifen aufziehen muss; seit 1997 war er auf Pirelli unterwegs. Kopfzerbrechen macht ihm zudem ein wenig die französische Sprache: "Was muss ich noch alles tun, um im Rallyesport erfolgreich zu sein?", scherzte der Gruppe-N-Weltmeister von 2000, der von Sponsor OMV Lernunterlagen in Ton und Bild geschenkt bekam. Ein "Bonne Chance" kam auf Grund der jüngsten Erfahrungen auf jeden Fall nicht schaden.(APA)