Moskau (APA/dpa) - In landesweiten Straßenprotesten machen russische Rentner, Invaliden oder Soldaten ihrem Ärger über die Einschränkung von Sozialleistungen Luft. Am Donnerstag blockierten erneut 300 aufgebrachte Rentner eine der Hauptzufahrtsstraßen nach Moskau. Die Zeitung "Iswestija" berichtete von Protestaktionen auch in mehreren anderen Städten und auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka. "Die spontanen örtlichen Kundgebungen könnten sich zu einer ernsten sozialen und politischen Krise auswachsen", warnte das Blatt. "Doch die Regierung schweigt."

In vielen Städten löste die Polizei die Kundgebungen vorwiegend älterer Menschen auf. Mutmaßliche Organisatoren des Protests wurden mit Ordnungsstrafen belegt. Das Parlament in Moskau lehnte es ab, sich mit dem Widerstand gegen die 2004 verabschiedeten Sozialreformen zu befassen.

Gesetzesänderungen gefordert

Bei den Reformen, die zu Jahresbeginn in Kraft traten, werden viele frühere soziale Vergünstigungen durch Geldzahlungen ersetzt. Allerdings zahlten weder die Zentralregierung noch die Regionen die Hilfen rechtzeitig aus. "Regierung und Duma müssen schleunigst an dem Gesetz verändern, was noch zu verändern ist", forderte die russische Menschenrechtsbeauftragte Ella Pamfilowa.

Unter anderem entfällt die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für Rentner. Zahlreiche Pensionisten aus dem Moskauer Umland beschwerten sich, als sie in der U-Bahn der Hauptstadt zur Kasse gebeten wurden. Bereits am Montag hatten hunderte Rentner die Straße zum Moskauer Flughafen Scheremetjewo blockiert.

Auch russische Polizisten müssen seit neuestem auf der Fahrt zur Arbeit zahlen. Ein Polizist in einer Straßenbahn in Kaliningrad rief eine Streife bewaffneter Kollegen zu Hilfe, als er zum ersten Mal einen Fahrschein lösen sollte. In vielen Städten seien Busfahrer oder Fahrkartenkontrolleure verprügelt worden, berichteten die Medien. (APA)