Wo sich Unprofessionalität mit der Indifferenz der öffentlichen Hand paart, müssen auch Renommierfestivals untergehen.

Wien – Historisch gesehen waren Festivals hier zu Lande, zumal im Jazzbereich, immer die Folge ambitionierter, privater Wunschträume. Ob Nickelsdorf, Ulrichsberg oder Wiesen – immer war die Idee Geburtshelfer, gleichsam die musizierende Welt zu sich zu holen. Unter Aufbietung privater Finanz- und Haftungskräfte und einem ziemlichen Ausmaß an Selbstausbeutung gelang es wundersamerweise mit den Jahren doch, Strukturen aufzubauen, die auch international eine gewisse Relevanz erreichten.

In diesem Punkt hat es Saalfelden am weitesten gebracht. Es wurde das einzige Festival in Österreich (und eines der wenigen in Europa), das eine Mischung aus anspruchsvollem Programm und Breitenwirkung zustande gebracht hat. Und: Statt (wie in Wien) auf permanenten Einkauf von bekannten Namen zu setzen, unterzog man sich der Mühe, auch gestalterisch in Aktion zu treten, Projekte anzubahnen und ein Angebot zu erstellen, in dem sich einmal nicht der übliche Tourneezirkus Europas spiegelte.

Das nunmehrige abrupte Ende nach 26 Jahren führt allerdings drastisch vor Augen, wie fragil die Strukturen der Festivals in diesem Genre sind. Aus mehreren Gründen: Offensichtlich beschränkte sich in Saalfelden Professionalität auf den Bereich der Ideenfindung. Sowohl bei der Finanzierung von Vorhaben als auch bei der begleitenden Kontrolle jener Projektkalkulationen, die etwa das Kunsthaus Nexus betrafen, das nun durch den Festivaltod gerettet werden soll, kann nur Dilettantismus geherrscht haben.

Zur Fragilität der Struktur gehören auch die Beiträge der öffentlichen Hand, aus deren Wirken leider nicht das Bewusstsein sprach, verstanden zu haben, dass es sich hier um einen erhaltenswerten kulturellen Wert – vergleichbar mit den Salzburger Festspielen – handelt, dessen anspruchsvolle Konzeptausrichtung auch der entsprechenden Unterstützung bedurft hätte.

Der Gemeinde Saalfelden, keiner besonders armen übrigens, sei es unbenommen, keine Gesamtverantwortung für österreichische Kulturbelange tragen zu wollen und den über Jahre aufgebauten Ruf nun einfach auszulöschen. Hinter der unproduktiven Betroffenheitsrhetorik von Bund und Land wird allerdings nur jene Indifferenz sichtbar, die man sich im Klassikbereich erfreulicherweise nie erlauben würde. Auch nicht in Sportbelangen: Vor einem Jahr hat Salzburg an Saalfelden 900.000 Euro überwiesen – für eine Schanze.

Jetzt, da alles zu spät zu sein scheint, da die 130.000 Euro für das Festival plus Nexus nicht aufzubringen waren, bleibt nur, gewisse Lehren zu ziehen – falls es irgendwo zu einer Neuauflage eines solchen Festivals abseits des Mainstream kommt: Ab einer gewissen Größe und Relevanz von Festivals sollte man sich um Strukturen bemühen, die den Bestand der Festivals auch abseits der handelnden Personen garantieren.

Dies wäre eine Bekundung des Willens, auch beim Auftreten von Problemen an einem Projekt festzuhalten. Das würde – wie etwa beim Jazzfest in Berlin – auch zu befristeten Intendanzen führen. Das vorigen Sommer installierte Intendanten-Duo Michaela Mayer und Mario Steidl, das in Windeseile ein passables letztes Festival zustande gebracht hat, ist nun ausschließlich für das Nexus verantwortlich und nicht zu beneiden.

Der kleine, schöne Raum, was immer dort in Zukunft nun geschehen mag, wird kaum ein Ersatz für das Edelfestival sein können.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.1.2005)