In der fast 2000 Kilometer entfernten Hauptstadt muss Indonesiens Generalstab langsam nervös geworden sein. Australische Offiziere betreiben einen eigens aufgebauten Kontrollturm, um den starken Flugverkehr für die Tsunami-Hilfe in der Provinz Aceh zu regeln; amerikanische Luftkissenboote landen an der Küste an, die französische Armee hat ihre "Puma"-Kampfhubschrauber im Einsatz. Auch Truppen aus Großbritannien, Singapur und Japan sind in den vergangenen zwei Wochen seit der Flutkatastrophe aufgezogen, was dem Hilfseinsatz durchaus das Gepräge einer militärischen Invasion gibt. Damit hat aber nicht nur die indonesische Armee ein Problem, die eigentlich Krieg gegen Acehs islamistische Rebellen führen will, sondern auch die Regierung im Staat mit der größten muslimischen Gemeinschaft der Welt.

Extremistische Gewalt

Aus Sicht Jakartas machen die Auflagen an die internationalen Helfer in der Provinz und die Frist an die ausländischen Truppen Sinn. Drei Monate hat Vizepräsident Yussuf Kalla wohl eher versuchsweise genannt, um die muslimischen Aktivisten in dem 230-Millionen-Staat vorerst ruhig zu stellen. Denn Indonesien hat bereits eine lange Geschichte extremistischer Gewalt, die den Zusammenhalt des Archipels bedroht. "Laskar Jihad", die "Heiligen Krieger", die an den Massakern an Christen auf den Molukken beteiligt waren, oder der Al-Kaida-Ableger Jemaah Islamiyah, auf dessen Rechnung unter anderem der Bombenanschlag auf Bali im Oktober 2002 ging, sind nach dem Sturz des Suharto-Regimes 1999 auf den Plan getreten.

Geht sie nicht auf Kosten der Bedürftigen in Aceh, ist eine "politische" Umgrenzung der internationalen Hilfsaktionen in der Provinz durch Jakarta wohl der erträglichere Weg. Andernfalls haben die islamistischen Prediger freie Bahn: Die Flut war eine Strafe Gottes, sagen sie, und mit der Hilfe des Westens komme die christliche Missionierung. (Markus Bernath, DER S TANDARD Printausgabe 14.1.2005)