"Eine Schweinerei, wie hier angesehene Bürger angepatzt werden!" Caspar Einem erhält dieser Tage viel Post. Die einen loben ihn und den Bund Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) für die nun erfolgte Aufarbeitung der "braunen Flecken", andere halten die Beschäftigung mit den Karrieren ehemaliger Nazis im Schutz der SPÖ für überflüssig oder kontraproduktiv. Einem erinnert etwa an Johann Biringer, Polizeichef in Salzburg von 1972 bis 1985, den er im Zuge seiner Tätigkeit als Bewährungshelfer kennen lernte. Biringer war Mitglied der SS-Division "Das Reich", die in Minsk für die Judenmassaker verantwortlich war. Mithilfe der SPÖ konnte Biringer nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft Karriere machen, seiner Ideologie hat er nie abgeschworen, im Gegenteil: In voller Polizeiuniform nahm er an Kranzniederlegungen der SS-Kameradschaft teil. Einem: "Bei solchen Leuten braucht man nicht viel patzen."
Einem ist seit Juni 2002 Vorsitzender des BSA, als solcher hat er nun die "Braunen Flecken" zu kommunizieren. "Man hätte früher mit der Aufarbeitung beginnen müssen", sagt der 56-Jährige, "dass der Bericht aber zu Beginn des Gedenkjahres vorliegt, ist auch kein Nachteil." Dass der Fokus erst einmal auf die SPÖ gerichtet ist, stört Einem nicht: "Wenn man die eigene Geschichte nicht bewältigt, kann man auch keine Diskussion über die anderen Parteien führen." Die müsse jetzt erfolgen.
Einem hat bereits eine bewegte Karriere hinter sich - und vielleicht auch noch vor sich, wenn die SPÖ wieder an die Regierung kommt. Derzeit fristet Einem sein politisches Leben als SPÖ-Abgeordneter und Bereichssprecher für Europa. Nicht unbedingt ausfüllend für einen Mann mit seinen Erfahrungen. "Das müssen sich diejenigen überlegen, die in der Partei vorne stehen. Ich kann mir die Arbeit auch selbst suchen", sagt Einem, dessen Markenzeichen der schief gelegte Kopf ist. "Berühmt werden muss ich nicht, das bin ich schon."
Einem, Sohn des Komponisten Gottfried von Einem und Lianne, geborene von Bismarck, wechselte 1994 von der ÖMV als Staatssekretär in die Regierung unter Franz Vranitzky. 1995 trat er im Innenministerium die Nachfolge von Franz Löschnak an und profilierte sich ohne Umwege als Lieblingsfeind der FPÖ. Seine Kontakte zur linken Anarcho- und Hausbesetzerszene und seine Spende an das TATblatt brachten ihn in schwere Bedrängnis, im Innenministerium hatte er mit dem erbitterten Widerstand mancher Spitzenbeamten zu kämpfen. 1997 wechselte er ins Ressort Wissenschaft und Verkehr. Die Zeit im Innenministerium blieb aber seine prägendste Zeit, von dort nahm er auch sein privates Glück mit: 1997 ehelichte er seine ehemalige Pressesprecherin Elisabeth Hlavac. (Michael Völker/DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2005)