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Gedenken an das große Beben in Kobe vor zehn Jahren. Fast 6500 Menschen starben damals. Über Folgen von Erdbeben und Tsunamis beraten ab heute mehr als 3000 Experten in der japanischen Stadt. Man überlegt, ein Katastrophenzentrum bei der UNO einzurichten.

Foto: Reuters/ISSEI KATO
Kobe/Wien - Tausende Menschen zündeten Montagfrüh am Hauptplatz von Kobe in Japan Kerzen an. Sie gedachten der 6433 Menschen, die vor zehn Jahren, am 17. Jänner 1995, bei einem Erdbeben der Stärke 7,3 nach Richter ums Leben gekommen waren. Das Beben um 05.46 Uhr morgens hatte große Teile der Stadt zerstört, mehr als 300.000 Menschen obdachlos gemacht. Gedacht wurde aber auch der etwa 175.000 bei der Flutkatastrophe an den Küsten des Indischen Ozeans getöteten Menschen.

Dieses jüngste Ereignis, hervorgerufen durch ein Seebeben, ist auch Thema der zweiten Weltkonferenz für Katastrophenvorbeugung, die in Kobe stattfindet: Ab heute, Dienstag, treffen sich rund 3000 Delegierte aus 120 Ländern, die bis Samstag einen internationalen Plan zur Schadensbegrenzung durch Naturgewalten verabschieden wollen. Österreich wird mit vier Delegierten vertreten sein.

Auf der ersten Katastrophenschutz-Weltkonferenz im Mai 1994 in Yokohama hatten die Abgeordneten die "Yokohama-Strategie" unterzeichnet: Einige Leitlinien für Prävention, Bereitschaft und Entschärfung von Risiken durch Umweltkatastrophen. Die zweite Konferenz in Kobe hat weiterführende Ziele: die Yokohama-Strategie zu aktualisieren; bewährte Erfahrungen und Methoden zu implementieren; Handlungsbedarf und neue Anforderungen zu benennen - zum Beispiel die bereits angekündigte Errichtung von Tsunami-Überwachungsnetzwerken, wie sie für den Pazifik bereits bestehen.

Der Koordinator der UNO-Hilfseinsätze, Jan Egeland, fordert darüber hinaus ein weltweites Frühwarnsystem - nicht nur für Flutwellen, sondern für Naturkatastrophen jeglicher Art: "Das System sollte in der Lage sein, auf Naturkatastrophen zu reagieren, die sich fast täglich ereignen, und nicht nur auf Tsunamis, die sehr selten sind." Also auch auf Dürren, Hochwässer, Wirbelstürme und Erdbeben.

Diese Idee wird auch von David King, wissenschaftlicher Berater der britischen Regierung, forciert. Dafür sei es auch nicht einmal nötig, ein eigenes Gremium zu erfinden. Es würde genügen, die von etlichen bereits bestehenden Institutionen unternommenen Anstrengungen und Forschungen zum Katastrophenschutz zu bündeln - und zwar im Sekretariat für Internationale Strategien zur Katastrophenvorbeugung der Vereinten Nationen in Genf (ISDR).

Vier Millionen Euro

Diese Einrichtung mit einem Jahresbudget von knapp vier Millionen Euro werde laut ihrem Direktor Savano Briceno von Regierungen derzeit nur wahrgenommen, wenn sie Hilfe bei der Schadensminimierung nach Waldbränden, Stürmen und Dürrekatastrophen brauchten: "Wir haben schon seit Jahren ein Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean gefordert", erklärt Briceno, "doch fehlte uns die politische Schlagkraft, es durchzusetzen." Ebenso ungehört seien bisher auch die ISDR-Forderungen nach einer Adaptierung der baulichen Vorschriften in Risikogebieten geblieben. Die Auswirkungen dieser architektonischen Nachlässigkeit seien beispielsweise im Dezember 2003 im iranischen Bam zu sehen gewesen: Das dortige Erdbeben tötete mehr als 26.000 Menschen, die meisten wurden in den zusammenfallenden Häusern erschlagen. Bei einem Erdbeben mit gleicher Stärke in Kalifornien im selben Monat starben indes nur zwei Menschen.

Das ISDR könne bei entsprechender politischer Rückendeckung und Finanzierung die Aufgaben eines weltweiten Katastrophenschutzzentrums übernehmen. In Kobe will Briceno daher die Regierungen überreden, einen Teil ihres jährlichen Budgets für humanitäre Hilfe für den entsprechenden Ausbau des ISDR zur Verfügung zu stellen. (Nature, fei/DER STANDARD, Printausgabe 18.01.2005)