Wirtschaftshistoriker Herbert Matis (li.), Mitherausgeber des Buches "Österreich 2010", neben einem der Autoren, Altkanzler Franz Vranitzky.

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Wien - "Es wird in Österreich in den nächsten fünf bis sieben Jahren eine Strukturkrise geben", zumindest wenn nicht gegengesteuert wird, sagte Michael Landesmann, Leiter des Wiener Institutes für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), bei der Präsentation des Buches "Österreich 2010.

Die wirtschaftliche und soziale Zukunft unseres Landes" (Linde-Verlag), das auf einem Symposion der Schumpeter-Gesellschaft aufbaut, am Montag vor Journalisten.

Landesmann und auch andere erwarten Strukturkrisen, wie sie die heutigen Herzeigeländer Finnland oder Schweden vor Jahrzehnten durchgemacht hatten, oder wie sie Deutschland derzeit gerade zu bewältigen versucht.

In der Vergangenheit hätten relativ dynamische Klein- und Mittelbetriebe sowie flexible Löhne und nicht zuletzt die Sozialpartnerschaft Krisen abfedern können.

Laut Wirtschaftsprofessor Werner Clement seien die heute niedrigen Wachstumsraten der Hauptgrund dafür, dass Strukturänderungen notwendig seien. "Es gibt weniger zu verteilen, gleichzeitig steigen aber die Ansprüche - an Bildung, Gesundheit, Forschung, Infrastruktur etc. Darüber hinaus soll der öffentliche Haushalt saniert werden. Eine "magische" Aufgabe.

Kritik an Auslagerung

Franz Vranitzky, Bundeskanzler im Rahmen großer Koalitionen zwischen 1986 und 1997 und einer der Autoren von Beiträgen für das Buch, fordert eine Rückkehr zur Pflege der Sozialpartnerschaft - sowohl auf europäischer wie auch nationaler Ebene.

Wenn man hingegen stets als "Bannerträger der Konfliktdemokratie" auftrete, sagte er - offenbar in Anspielung auf den derzeitigen Bundeskanzler -, würde man im Land, aber auch auf EU-Ebene scheitern. Als Beispiel nannte er Österreichs Niederlage bei der Verlängerung des Transitvertrages.

Vranitzky stört weiters, dass viele Unternehmen nur mehr "Auslagerung der Produktion" als Antwort kennen würden. Es gebe jedoch in der Industrie genügend Beispiele dafür, wie man sich sozialpartnerschaflich neuer Konkurrenz aus Osteuropa und Asien stellen könnte - Vranitzky nennt deutsche Autohersteller, pikanterweise auch den Reifenhersteller Continental (gegen den er im Konflikt um den Erhalt des Traiskirchner Semperit-Werkes eine empfindliche Niederlage einstecken musste).

Breiter Konsens

Bei der Buchpräsentation war man sich - implizit - einig, welche Regierung sich der kommenden Krise erfolgreich stellen könne. "Eine, die von einem breiten Konsens getragen wird", so Clement, selbst Mitarbeiter unter dem VP-Finanzminister Stephan Koren zu Zeiten einer Alleinregierung in den 60ern.

Auch Vranitzky lässt eindeutige Präferenzen für eine Rückkehr zur Zusammenarbeit von SP und VP erkennen. Vranitzky: "Der Herr Professor tendiert dazu, ich habe es erlebt." (szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.01.2005)