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Börse-Chef Stefan Zapotocky (l.) kann einem Börsengang der Post AG naturgemäß einiges abgewinnen - genau wie Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Foto: APA/SCHLAGER Roland
Wien - Gut 150 Unternehmen in Österreich hält der Vorstand der Wiener Börse für generell "börsefähig". Noch nie sei die Börse so aufnahmefähig gewesen.

Es bedürfe im Grunde nur eines einzigen erfolgreichen Börsegangs, um andere nachzuziehen, stellte am Dienstag Börse-Vorstand Stefan Zapotocky und sein seit 1. Jänner amtierender neuer Kollege Michael Buhl fest.

Mehrere Kandidaten

Und: "Mehr als ein prominenter IPO kommt heuer sicher." Auf Sicht hofft die Börse zudem auf Kaliber wie die Post, die zu einer neuen "Volksaktie" werden könnte. Weiteres Material für die Anleger könnte aus Landesbesitz kommen: Hier böten sich Landes-Energieversorger, Hypobanken oder Flughäfen für Börsegänge an.

Für diesen April wird in Bankenkreisen der Börsegang der Raiffeisen International, der Osteuropa-Holding der Raiffeisen Zentralbank (RZB), erwartet. Dieser Monat war am Wochenende kolportiert worden. Als Emissionsvolumen waren rund 700 bis 800 Mio. Euro im Gespräch.

Im Börsevorstand, wo man davon ausgeht, dass Raiffeisen seinen IPO-Plan für die Ostbankenholding sehr bald sehr konkret machen wird, würde dieser Neuzugang begrüßt. Die Börse sei dafür jedenfalls gerüstet.

Kapitalisierung auf 64,6 Milliarden Euro gestiegen

Im Jahr 2004 ist die Börsekapitalisierung des Marktplatzes Wien von 44,8 auf 64,6 Mrd. Euro gewachsen. Binnen dreier Jahre war das eine Verdopplung. Mehr als 4 Mrd. Euro kamen im abgelaufenen Jahr an frischem Kapital hinzu, nach dem Abgang der BBAG/Brau Union (1,8 Mrd. Euro) blieb übers Jahr ein Netto-Kapitalzuwachs von 2,2 Mrd. Euro, der Rest war voriges Jahr Wertsteigerung.

Die größten Kapital-Blöcke waren im Dezember die Telekom Austria-Tranche (also der Blitzverkauf eines ÖIAG-Pakets) und die Rekord-Kapitalerhöhung der OMV.

"Noch nie war die Aufnahmekraft der Wiener Börse so groß wie heute", sagte Zapotocky. Enttäuscht hat 2004 lediglich die Zahl der Börse-Neuzugänge.

Statt erwarteter rund acht waren es nur vier Transaktionen, darunter der Börsegang von Betbull, der - wie heute eingeräumt wurde - wohl ein paar Monate zu früh erfolgte. Was das frische Volumen betraf, so wurden mit mehr als 4 Mrd. Euro alle Erwartungen übertroffen.

"Lieber ein größeres IPO als zehn ganz kleine"

Ob diese Summe heuer wieder drin ist? "Die Rahmenbedingungen würden es hergeben", sagte Buhl heute. Er selber hätte aber "lieber ein größeres IPO als zehn ganz kleine", wenngleich jede Gesellschaft hoch willkommen sei.

Da müsse weitere Aufklärungsarbeit gemacht werden, und im Mittelstand wohl das eine oder andere Steuerzuckerl nachhelfen: "Es kann nicht sein, dass für die Unternehmen ein Going Private oder Staying-Private attraktiver ist als ein Going-Public".

Mit den jüngsten großen Transaktionen, die den Streubesitz stärkten (vor allem Wienerberger, OMV, Telekom Austria), wurde die Zahl der Privatanleger in Österreich weiter erhöht. "Wir bereiten das Feld für die Volksaktie auf", betonte Buhl heute, auch in Richtung einer Post-Aktie.

Volksaktie

Zuletzt war die Idee der Teilprivatisierung der Post über die Börse vom Aufsichtsratschef der ÖIAG, Alfred Heinzel, wieder entflammt worden. Seiner Meinung nach könnte ein Post-Minderheitsanteil noch in dieser Legislaturperiode - in den nächsten 12 bis 18 Monaten - privatisiert werden. Auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser unterstützt die Idee einer neuen "Volksaktie".

Die Börse jedenfalls würde einen Post-Börsegang heftig begrüßen. Den richtigen Zeitpunkt zu wählen obliege der Post-Führung. Zapotocky hielte eine Privatisierung der Post über die Börse für den richtigen und "absolut fairsten Weg", die breite Bevölkerung an "ihrer" Post zu beteiligen. Auch andere Länder hätten mit Post-Aktien gute Erfahrungen gemacht. (APA)