Brüssel - Die EU-Finanzminister haben das laufende Defizitverfahren gegen Griechenland verschärft. Dies verlautete am Dienstag aus diplomatischen Kreisen in Brüssel. Die Minister folgten damit einer entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission.

Gleichzeitig erklärten sich die Finanzminister mit der Aussetzung des deutschen Defizit-Strafverfahrens einverstanden. Deutschland habe versichert, alle nötigen Schritte für eine Einhaltung der Defizitgrenze von drei Prozent im laufenden und im kommenden Jahr zu ergreifen, heißt es in einer Erklärung der Ressortchefs.

Griechenland drohen Sanktionen

Griechenland ist wegen seiner ausufernden Neuverschuldung EU-Sanktionen so nahe gerückt wie noch kein anderes Euro-Land zuvor. Die Entscheidung ist ein Präzedenzfall, nachdem Deutschland und Frankreich einen solchen Schritt im November 2003 im Rat der Minister verhindert hatten.

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia will in den nächsten Wochen Vorschläge für weitere Sparauflagen an Griechenland machen. Diese müssten dann von den Ministern erneut bestätigt werden.

Kommt Griechenland dem wieder nicht nach, drohen Sanktionen in Form einer saftigen Geldstrafe. Im Dezember hatte Almunia die von Athen angekündigten Schritte zur Reduzierung der Neuverschuldung für unzureichend erklärt.

Die griechische Haushaltslage habe sich "weiter verschlechtert, obwohl das Land das höchste Wirtschaftswachstum im Eurogebiet aufweist". Die Minister bestätigten diese Einschätzung. Laut EU-Kommission lag das Defizit Griechenlands 2004 bei 5,5 Prozent, für 2005 rechnet Brüssel mit 3,6 Prozent - also einem Wert, der immer noch über der entscheidenden Drei-Prozent-Schwelle des Euro-Stabilitätspaktes liegt.

Gefälschte Defizitzahlen

Die Regierung in Athen selbst geht aber nach eigenen Berechnungen in diesem Jahr von einer Neuverschuldung von 2,8 Prozent aus. Der Fall Griechenland hat auch wegen des Skandals um gefälschte Defizitzahlen besondere Bedeutung.

Im Sommer war herausgekommen, dass das Land seinen Beitritt zur Eurozone 2001 nur auf Grund falscher Angaben erwirkt und seitdem regelmäßig gegen den Stabilitätspakt verstoßen hat. Die Verschärfung des Defizitverfahrens steht damit aber nicht in Zusammenhang.

Verfahren gegen Frankreich und Deutschland bleiben ausgesetzt

Die Defizitverfahren gegen Frankreich und Deutschland hatte Almunia im Dezember ausgesetzt. Er vertraut darauf, dass beide Länder den Stabilitätspakt 2005 wieder einhalten. In den vergangenen drei Jahren hatten Deutschland und Frankreich gegen das Defizitkriterium verstoßen.

Der Rat der Finanzminister nahm die Kommissionsentscheidung zur Kenntnis, machte aber seine Bereitschaft deutlich, die Verfahren jederzeit wieder aufzunehmen, sollte sich ein erneuter Verstoß gegen den Pakt abzeichnen.

Im November 2003 wollte die EU-Kommission die Verfahren gegen beide Länder wie jetzt gegen Griechenland verschärfen. Der deutsche Finanzminister Hans Eichel und sein damaliger französischer Kollege Francis Mer konnten im Rat aber genügend Widerstand organisieren, um diesen Schritt abzuwehren.

Diese Entscheidung wurde im Sommer 2004 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) kassiert. Deshalb musste die EU-Kommission einen neuen Vorschlag unterbreiten, was im Dezember geschah.

Kritik an Ungarn

Wie im Fall Griechenlands verschärften die Minister auch das Defizitverfahren gegen Ungarn. Auf Basis eines Kommissionsvorschlags stellte der Rat fest, dass weitere Schritte notwendig seien, damit Ungarn wie geplant 2008 sein Defizit unter die Drei-Prozent-Marke drücken kann. Ungarn gehört der Eurozone nicht an, strebt aber wie die anderen neuen Mitgliedstaaten eine schnelle Aufnahme in die Wirtschafts- und Währungsunion an.

Die laufenden Defizitverfahren gegen Tschechien, Zypern, Malta, Polen und die Slowakei legten die Finanzminister auf Eis. Auch hier folgten sie einer Empfehlung Almunias. (APA)