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Wilhelmine Goldmann stellt ab sofort beim Personenverkehr die Weichen.

Foto: APA/Hans Klaus Techt
Wien - Lange wurde darüber spekuliert, nun ist es fix: Ex-ÖBB-Chef und Noch-ÖBB-Personenverkehrs-Vorstand Rüdiger Vorm Walde (58) muss seinen Hut nehmen, ihm folgt die bisherige Postbus-Chefin Wilhelmine Goldmann (56) nach. Sie tritt bereits morgen, Mittwoch, ihren Dienst für die Personenverkehrs AG an. Die kolportierte Abschlagszahlung von 1,2 Millionen Euro für Vorm Walde wollten die ÖBB nicht kommentieren. Nur soviel: Goldmann werde künftig weniger als ihr Vorgänger verdienen.

"Geänderte Aufgabenfelder"

Als Grund für die Ablöse nannte ÖBB-Aufsichtsratschef Wolfgang Reithofer vor Journalisten geänderte Aufgabenfelder. "Im August und September 2004 stand die Strukturreform im Vordergrund, und da war ein erfahrener Fachmann wie Vorm Walde der richtige Mann. Nun wurde die ÖBB-Reform mit 1. Jänner erfolgreich umgesetzt, jetzt ist ein anderer Managementstil gefragt", betonte er. Eine politische Einflussnahme habe es nicht gegeben, die Politik sei von der Ablöse nicht gerade begeistert gewesen.

Keine Einarbeitungszeit

Dass der Wechsel so rasch und ohne Einarbeitungszeit erfolgt, ist für ÖBB-Chef Martin Huber kein Problem. Goldmann verstehe genug vom Nahverkehr dass eine Einführung durch Vorm Walde nicht notwendig sei.

SPÖ protestiert

SPÖ-Verkehrsprecher Kurt Eder sprach in einer ersten Reaktion auf die vorzeitige Abberufung des von der schwarz-blauen Regierung eingesetzten Vorm Walde von einen Beleg für eine "verfehlte Personalpolitik". "Die Regierung macht einerseits Millionen Euro, die der Bahn gehören, locker, um einen erfolglosen Manager los zu werden. Auf der anderen Seite greift sie ungeniert bei kleinen ÖBB-Bediensteten in bestehende Pensionen ein", kritisierte Eder.

Rosen zum Abschied

Zum Abschied bekam Vorm Walde von der Bahn jedenfalls noch kräftig Rosen gestreut. Der Deutsche habe seine Aufgabe "ausgezeichnet" erfüllt. Die Strukturreform wurde "perfekt" durchgezogen, so der Aufsichtsratschef für den Personenverkehr, Fredmund Malik. Sein Ausscheiden sei einvernehmlich erfolgt. Als Grund für die Wahl von Goldmann nannte Malik die "hervorragende Hand" bei der Restrukturierung der Postbusse. Was Goldmann konkret besser kann als Vorm Walde und was denn die Schwächen des Managers gewesen seien, blieb jedoch von Reithofer, Huber und Malik unbeantwortet.

Kompetenzaufteilung unklar

Goldmann wird nun gemeinsam mit Stefan Wehinger, der seit einigen Monaten Co-Vorstand des Personenverkehrs bei den ÖBB ist, diesen Bereich führen. Wie die genaue Kompetenzaufteilung aussieht, soll in Zukunft festgelegt werden. Wehinger war vor seinem ÖBB-Job Vorstand bei der Montafonerbahn AG.

Goldmann hatte den Vorstandsposten bei der Postbus AG, die mittlerweile zu den ÖBB gehört, im März 2001 angetreten. Sie wurde ausgerechnet am "Tag der Frau" für den ersten weiblichen Vorstandsposten bei der staatlichen Industrieholding ÖIAG nominiert. Ihre Nachfolge beim Postbus wird nun neu ausgeschrieben.

Dabei hätte Vorm Walde seinen bis Ende Juli 2006 laufenden Vertrag als Personenverkehrs-Boss gerne erfüllt. Seinen Job als ÖBB-General hatte er bereits mit 1. Jänner an den früheren Porr-Vorstand Huber (44) abgegeben.

Bilanz

Vorm Waldes Bilanz in Zahlen: Das Güterverkehrsvolumen hat sich von 2000 bis 2003 von 85 auf 87 Millionen Tonnen nur geringfügig erhöht, die Zahl der Fahrgäste blieb mit 278 Millionen Passagieren weitgehend konstant.

Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) betrug zu seinem Start 2001 rund 122 Mio. Euro, 2004 waren es gut 100 Mio. Euro, ein Jahr davor rund 125 Mio. Euro. Während seiner Zeit als ÖBB-Chef von 2001 bis 2004 wurden die Bahnhöfe Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck fertig gestellt. Die Mitarbeiterzahl wurde - ohne große Streitigkeiten - von 49.775 auf 45.367 reduziert.

"Schienennetz ist wie ein Unterkiefer"

Politisch unbeliebt machte sich der kühle Deutsche mit seinem anfänglichen Widerstand gegen eine Aufteilung der ÖBB. "Das Schienennetz ist wie ein Unterkiefer. Wenn man das herausoperiert, verhungert der Patient", meinte er ursprünglich zur gesellschaftsrechtlichen Trennung der Bahn in Absatz- und Infrastrukturbereiche. Durchgesetzt hat er sich damit aber nicht.

Der ÖBB-Personenverkehr befördert mit 6.600 Mitarbeitern täglich 720.000 Reisende mit 3.855 Zügen. Pro Tag werden laut ÖBB-Angaben 3.600 Nah- und 255 Fernverkehrszüge eingesetzt. Insgesamt werden pro Jahr 8,3 Mrd. Personenkilometer zurückgelegt. Mit dem in die ÖBB eingegliederten Post- und Bahnbus werden mit rund 2.200 Bussen jährlich rund 245 Mio. Fahrgäste transportiert. Die ÖBB-Personenschifffahrt kommt auf 1 Mio. Fahrgäste jährlich.

"Wir könnten mehr Kunden befördern, wenn Infrastruktur und Fuhrpark besser wären", erklärte am Montag Abend ÖBB-Personenverkehrs-Co-Vorstand Stefan Wehinger. Im internationalen Vergleich sei man im Nahverkehr schon jetzt voll konkurrenzfähig, im Fernverkehr habe man aber noch erheblichen Aufholbedarf. Um bei den Nebenbahnen den momentanen Status zu erhalten, werde es mehr Geld vom Bund bedürfen. (APA)