Bild nicht mehr verfügbar.

Die niederländische Politikerin Ayaan Hirsi Ali
Foto: APA/EPA/Ed Oudenaarden

Die wohl bekannteste niederländische Politikerin, die Liberale Ayaan Hirsi Ali, ist nach siebzig Tagen im Exil zurückgekehrt ins Den Haager Parlament. Sie war nach der Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh, mit dem sie einen Film gemacht hatte, von den Sicherheitsdiensten an einen unbekannten Ort gebracht worden. Der Empfang für den wegen ihrer Kritik am frauenfeindlichen Islam mit dem Tode bedrohten Star der Rechtsliberalen war unerwartet kühl und zurückhaltend.

Als die 35-jährige Politikerin Dienstagvormittag am Den Haager Binnenhof aus ihrer schwarzen Limousine stieg, wartete kein Empfangskomitee. Allein Parlamentspräsident und Parteifreund Frans Weisglas sprach von einem "Höhepunkt der Demokratie". Hirsi Alis politischer Vorgesetzter, der Fraktionschef der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie VVD, Jozias van Aartsen äußerte sich kritischer: "Wir dürfen Toleranz nicht ersetzen durch Islamophobie und säkularen Bekehrungseifer. Der Kampf gegen die Religion kann nicht Antrieb einer liberalen Politikerin sein."

In den zwei Monaten ihrer Abwesenheit scheinen die Niederländer ihre an Heiligenverehrung grenzende Bewunderung für die aus Somalia geflüchtete Politikerin verloren zu haben. Kritiker der ersten Stunde, wie der linksliberale Wirtschaftsminister Laurens Jan Brinkhorst, die man noch kürzlich als Verräter beschimpft hatte, bekommen Unterstützung aus Hirsi Alis eigener Partei. Ein Viertel der VVD-Mitglieder ist laut Umfragen der Ansicht, dass Hirsi Ali die schlechteste Politikerin des Landes sei. Prominente Parteimitglieder fordern sie auf, künftig nuancierter über ihr Thema Islam und die Befreiung der Frau zu sprechen. Das Recht auf freie Religionsausübung stünde an der Basis des niederländischen Toleranzmodells.

Die Parlamentsverwaltung hat die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutze Hirsi Alis massiv verschärft. Trotz der Verhaftung von mehreren Mitgliedern des fundamentalistischen "Hauptstadtnetzwerkes", dem van Goghs mutmaßlicher Mörder Mohammed B. angehörte, sieht die niederländische Polizei keinen Grund zur Entwarnung. (DER STANDARD, Printausgabe 19.01.2005)