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"Ich fasse es nicht", sagt der Staatsanwalt, "da sitzt tatsächlich ein Räuber vor mir." Stimmt. Weniger kann man nicht danach aussehen (und doch einer sein). Jeder noch so skeptische Vater würde seine Tochter bei diesem 36-jährigen Herrn in guten Händen wähnen. Beruflich tippt man auf höheres Management oder Filialleitung Kleiderbauer. Okay, soll er Versicherungen verkaufen. Aber dass der Mann in seiner Freizeit mit Helm und Pistole eine Bank betritt, um sie mit 45.000 Euro wieder zu verlassen - das glaubt man erst, wenn er verurteilt ist: fünfeinhalb Jahre Haft für zwei Überfälle dieser Art.

Wolfgang hat das Unternehmen seines Großvaters in den Ruin begleitet. "BSE trägt die Schuld", sagt er. Es war ein "Geschäft mit Leder". Oder, sowohl konkreter als auch derber: "Handel mit Rindshäuten". Das klingt tatsächlich nach Konkurs. 200.000 Euro fehlten dem dreifachen Familienvater zur Schuldenfreiheit. Auch in der Ehe kriselte es. "Ich bin eineinhalb Jahre durch eine dunkle Gasse gegangen, bei der ich weder links noch rechts einen Ausweg gesehen habe", veranschaulicht er.

"Dadurch, dass ich mir das Leben nicht selber nehmen wollte (. . .)" - musste er sich etwas anderes einfallen lassen, meint er. Die Signalpistole nahm er aus der Flugschule mit. "Ein Riesending, schaut aus wie ein Faschingsscherz", witzelt er. "Sollte aber schon bedrohlich sein", tippt die Richterin. - "Na selbstverständlich!" Die Idee mit dem Vollvisierhelm hatte er aus einem Zeitungsbericht. Die Wahl der Bank traf er spontan. "Die Erste war die Erstbeste", sinniert er, gut gelaunt.

Der erst 17-jährige Bankbeamte gab das Geld gleich her. "Hatten Sie Angst?", fragt die Richterin. "Nein, nur ein Blackout", erklärt der Zeuge. Nach einer kurzen Erholungspause testete Wolfgang die Vollvisiernummer auch in einer deutschen Bank. "Ich war heilfroh, dass ich erwischt wurde", gesteht er. "Ich hätte ja noch zehn Banken überfallen müssen, um mein Problem zu lösen."

Die Zukunft (im Gefängnis) sieht er rosig. "Ich bin geschieden, ich bin in Privatkonkurs, jetzt mache ich ein Fernstudium, und danach möchte ich mein neues Leben beginnen." (Daniel Glattauer/DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2005)