Bild nicht mehr verfügbar.

Frauen in den Flüchtlingslagern der Tsunami-Katastrophengebiete in Südostasien sind sexualisierter Gewalt ausgesetzt.
Foto: APA/EPA/Weda

Köln - "Frauen und Mädchen insbesondere in den großen Flüchtlingslagern der Tsunami-Katastrophengebiete in Südostasien sind in hohem Ausmaß sexualisierten Übergriffen ausgesetzt". Das meldet die Hilfs- und Frauenrechtsorganisation medica mondiale mit Sitz in Köln am Mittwoch unter Berufung auf CATAW (Coalition for Assisting Tsunami Affected Women), einem Tsunami-Hilfsbündnis von Frauenorganisationen in Sri Lanka.

In einem Bericht von CATAW heißt es, Binden und Unterwäsche würden von ausschließlich männlichen Personal in den Flüchtlingslagern oftmals öffentlich und mit anzüglichen Bemerkungen verteilt. Männer, auch Verantwortliche für die Lager, nutzen die nächtliche Dunkelheit, um schlafende Frauen auf übergriffige Weise anzufassen.

Auch in Aceh reagieren Hilfsorganisationen noch nicht auf die prekäre Situation von Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern und ihre spezifischen Bedürfnisse, berichtet medica mondiale und verweist auf Frauengruppen aus Aceh, die von Frauen berichten, die öffentlich und im Schmutz ihre Kinder gebären.

Vergewaltigungen

Die ersten Fälle sexualisierter Gewalt in Sri Lanka im zeitlichen Zusammenhang mit dem Tsunami seien bereits unmittelbar nach der Flut geschehen. In einem Fall überfielen in der Nacht des 26. Dezember drei Männer ein Paar und vergewaltigten die junge Frau. Am 31. Dezember verschleppten sechs Männer zwei Fabrikarbeiterinnen vom Strand weg in ein Hotel, um sie dort zu vergewaltigen. Beide Fälle ereigneten sich an der Westküste Sri Lankas bei Colombo; einige der mutmaßlichen Täter wurden verhaftet. Nur in diesen beiden Fällen ermittelt die Polizei.

Frauen in Flüchtlingslagern berichten aber von weitaus mehr sexualisierten Übergriffen und Belästigungen während und nach Rettungsaktionen. Ein Krankenhaus an der Südspitze Sri Lankas hat mindestens vier Vergewaltigungsopfer betreut, darunter zwei Kinder. "Es ist die Allgegenwärtigkeit sexueller Übergriffe und Demütigungen in den Flüchtlingslagern, die dazu führt, dass Frauen sich schweigend zurückziehen. An wen sollten sie sich auch wenden, wenn alle Betreuer männlich sind?", fragt Gabriela Mischkowski, Asien-Referentin von medica mondiale.

Beschlüsse endlich praktisch umsetzen

Die gefährliche Situation von Frauen in Flüchtlingslagern ist seit langem bekannt. Sowohl die Vereinten Nationen als auch das Europäische Parlament haben daher in verschiedenen Erklärungen und Beschlüssen wiederholt die Einbeziehung von Frauen in internationale Initiativen und Organisationen sowie vor allem auf politischer Entscheidungsebene gefordert. Ganz praktisch gehört dazu auch, dass Frauen auf verantwortlichen Positionen als Helferinnen in den Flüchtlingslagern eingesetzt werden. Dies gilt für die akute Katastrophenhilfe ebenso wie für die humanitäre Hilfe in Kriegs- und Krisengebieten und die langfristige Wiederaufbau- und Entwicklungszusammenarbeit.

medica mondiale fordert gemeinsam mit anderen Frauenorganisationen weltweit, dass diese Beschlüsse endlich praktisch umgesetzt und für alle AkteurIinnen in der humanitären Hilfe und Katastrophenhilfe verbindlich festgelegt werden. "Es kann nicht angehen", so Mischkowski, "dass es immer wieder selbst an den simpelsten Dingen wie getrennte Toiletten oder Waschmöglichkeiten fehlt. Oder dass in den medizinischen Teams Gynäkologinnen oder Hebammen vergessen werden, dass sexualisierte Übergriffe einfach akzeptiert werden oder dass Menschenhändler aus der Not der Frauen ungestört Kapital schlagen können." (red)