Geschlechterpolitik
Die Herren haben Schiss bekommen
Zornige Frauen lehren französische Machos das Fürchten.
Paris -
In Frankreich nimmt sich noch immer jeder Kerl
("mec") das Recht heraus, eine Frau, über die er sich
ärgert, routinemäßig als "salope" oder "putain" (Schlampe
oder Hure) zu beschimpfen. "Die Obszönität", so die
sozialistische Justizministerin Elisabeth Guigou, "gehört zum täglichen Brot der Frauen, die
sich ins öffentliche Leben stürzen."
Besonders rüde erging es der grünen Umweltministerin
Dominique Voynet, der bevorzugten Buhfrau eingefleischter
Machos wie Bauern und Jäger, berichtete der "Spiegel". "Zieh deinen Schlüpfer aus, du
Schlampe", wurde sie beim Besuch der Landwirtschaftsmesse
vor einem Jahr in Paris angeschrien, und: "Eselin,
wir werden dein Fell schon noch kriegen."
Das beobachtete in den abendlichen Fernsehnachrichten
die Schriftstellerin Florence Montreynaud und verfasste das Gründungsmanifest der
Wachhündinnen: Die 52-Jährige ist seit vielen
Jahren eine kämpferische Feministin und Autorin einer
Geschichte des "20. Jahrhunderts der Frauen".
Es reicht!
"Wer eine Politikerin mit sexistischen Ausfällen
beschimpft, beleidigt alle Frauen ... Jede Frau, die eine
öffentliche Rolle übernimmt, wird nach ihrem Äußeren
beurteilt und etikettiert, als Mutter, Kumpel, Putzfrau,
Lesbe, Hure. Das reicht! Wir, die Wachhündinnen, fletschen
die Zähne."
Auf Anhieb sammelte die "Rudelführerin", wie sie sich
seitdem nennt, 627 Unterschriften. Inzwischen gehören der
Meute insgesamt über 1200 Hüter der weiblichen Würde an,
davon immerhin ein Drittel Männer. Ihre Aktionen und
Provokationen haben die Chauvinisten dabei schon ganz
gehörig eingeschüchtert auch und gerade in der
Nationalversammlung, wie die gaullistische Abgeordnete
Roselyne Bachelot beobachtet: "Die Herren passen jetzt auf.
Das ist keine plötzliche Bekehrung zum Feminismus, machen
wir uns nichts vor. Sie haben einfach Schiss bekommen."
Jedenfalls würde es wohl kein Parlamentarier mehr wagen,
wie früher geschehen, bei einer Debatte über den Schutz von
Vergewaltigungsopfern einer Kollegin zu versichern, sie
brauche sich keinerlei Sorgen zu machen, sie gehöre ganz
bestimmt nicht zu den Risikopersonen.
Manche Intellektuelle, die mit Florence Montreynaud
sympathisieren, fühlen sich durch die Bezeichnung "Chiennes
de garde" abgestoßen; sie ist ihnen zu vulgär oder schlicht
missverständlich. Denn "Die Wachhunde" heißt ein bekannter
Roman des kommunistischen Schriftstellers Paul Nizan, der
damit allerdings 1932 die Hüter der etablierten
bürgerlichen Ordnung meinte.
Nur: "Hätten wir uns ,Schutzengel' genannt", sagt die
prominente Romanautorin und Preisträgerin der Académie
française Amélie Nothomb, "würde uns niemand beachten."
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(red)