John & John Jr: JFK und John Jr beim Trockentraining in einem Ruderboot. Der Schnappschuss aus dem Jahre 1962 wird bei Sotheby's versteigert (200-350 $).

Foto: Sotheby's

Kennedy, das sind John Fitzgerald und Jacqueline - die Ersatz-Royals der Vereinigten Staaten. Deren Tochter Caroline trennt sich nun bei Sotheby's in New York von Familienerbstücken.


New York - 20. Jänner 1961: John Fitzgerald Kennedy (JFK), mit 43 Jahren hält der jüngste Präsident der Vereinigten Staaten seine Antrittsrede. Charme und Charisma haben ihn hierher geführt, und nicht den von seinem Vater - dem mit 25 Jahren ehemals jüngsten Bankpräsidenten der USA - propagierten älteren Bruder Joseph.

Hinter ihm liegt eine im Rückblick nicht ganz so glückliche Kindheit. Vor ihm liegen 1036 Amtstage als 35. Präsident, zwei davon verbringt er mit Jacqueline an seiner Seite in Wien. Am 3. und 4. Juni 1961 findet das legendäre Gipfeltreffen zwischen JFK und Nikita Chruschtschow statt, den Repräsentanten der beiden Großmächte und der konkurrierenden politischen Systeme von Kommunismus und Kapitalismus.

Das Wien Museum bietet im Rahmen seines zeitgeschichtlichen Schwerpunkts 2005 ab kommender Woche (bis 24. April) eine Ausstellung zu diesem Thema. Das Wiener Gipfel-Rendezvous war nicht nur eine der Stationen auf der ersten Europa-Reise der Kennedys, sondern auch die letzte persönliche Begegnung der beiden damals mächtigsten Männer der Welt.

Erstmals besuchte ein amtierendes US-Staatsoberhaupt Österreich und seine Hauptstadt. Ein enormer Prestigegewinn für Wien und die österreichische Neutralität, wenngleich bahnbrechende Vereinbarungen zwischen den verfeindeten Supermächten ausblieben.

Im Herbst 1962 (22. bis 27. Oktober) folgt die Kuba-Krise, am 26. Juni 1963 hält John seine legendäre Rede vor der Berliner Bauer ("Ish bin ein Berleener ...") und am 22. November desselben Jahres fällt der Meister der politischen Inszenierung, der erste Popstar unter Amerikas Präsidenten, einem Attentat zum Opfer.

Drei Tage später wird JFK zu Grabe getragen, es ist der Geburtstag seines Sohnes John-John und das Foto des Dreijährigen - im kurzen blauen Mantel, in roten Schuhen und hängenden Socken -, der dem toten Vater die letzte Ehre erweist, brennt sich in das Gedächtnis der Amerikaner. Knapp 36 Jahre später stirbt auch John Jr. Bei einem Flugzeugabsturz. Seine Liebe zum Fliegen "rühre wohl von den Hubschraubern her, die immer auf der Wiese vor dem Weißen Haus gelandet sind", hatte er einmal angemerkt.

Und es sind exakt solche tragischen Anekdoten, welche die Legende des Kennedy-Clans ausmachen, kontinuierlich nähren und für den vom 15. bis 17. Februar von Sotheby's in New York veranstalteten Sale Überraschungen garantieren.

Die Versteigerung der Sammlungen Prominenter hat Tradition und bringt oftmals deutlich mehr als erwartet. Zu den legendärsten Auktionen gehörten die von Thurn & Taxis (1993 Sotheby's 15,5 Millionen Euro) oder jene der kunstsinnigen Rothschilds, bei der Christie's 1999 statt der erwarteten 30 Millionen mehr als 87 Millionen einspielte.

Aktuell gelangen mehr als 600 Objekte aus den Kennedy-Wohnsitzen Hyannis Port, Martha's Vineyard, New Jersey, New York und Virginia unter den Hammer. Einbringerin ist die JFK-Tochter Caroline. Historisch relevante Dokumente wurden längst der John F. Kennedy Library Foundation übergeben. Die nun zu versteigernden Objekte sind private Erinnerungs-und damit Familienstücke.

Darunter eine Menge an Büchern - "Es ist eine der stärksten Erinnerungen an meine Mutter. Lesend - ob an einem Winternachmittag in der Stadtwohnung oder an einem Sommerabend am Atlantikufer" - und eine Vielzahl an Möbeln, angewandter und bildender Kunst.

Aus dem privaten Fotoalbum der amerikanischen Ersatz-Royals werden sowohl Schnappschüsse anonymer als auch renommierter Fotografen angeboten: etwa einer aus dem Jahr 1962, der JFK mit seinem kleinen Sohn in einem Boot sitzend zeigt (200-250 $), oder Harry Bensons 1961 festgehaltene Begegnung zwischen John F. Kennedy und Charles de Gaulle (700-1000 $). Bei Möbeln reicht die Bandbreite von Sitzgarnituren mit Chintz-Bezug aus Hyannis Port (1500-2000 $) über einen Sekretär in Chippendale-Stil mit JFK-Monogramm (6000- 8000 $) bis zum simplen Eichen-Schaukelstuhl (1000- 1500 $). Insgesamt liegen die Umsatzerwartungen der Experten jenseits der magischen Eine-Million-Dollar-Grenze.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.1.2005)