Wien - Giovanni ist 16 und abgebrüht. Seinen weinenden Eltern zwinkert er erwachsen zu. Die knapp jüngeren Buben auf der Anklagebank wirken wie Kinder neben ihm. Giovanni ist auch hier ihr Chef.

Eigentlich heißt er ja David und kommt aus Serbien, aber "Giovanni" klingt mehr nach Liebe, zumindest in Österreich. Ob er schwul ist? - "So halb-halb", verrät er schmunzelnd der Richterin. - Zum Geldverdienen eher ja, privat eher nein.

Sein Trick war fies. Er hat Homosexuelle angelacht, hat sich von ihnen aufreißen lassen, ist scheinbar gerne mitgegangen, hat alles mitgemacht. Nachher hat er sie erpresst. Wer nicht zahlen wollte, dem drohte er mit Anzeigen wegen "Verführung eines Minderjährigen". Damit lockte er seinen Opfern 100 bis 400 Euro heraus.

"Ich habe nicht gewusst, dass es strafbar ist"

"Wie kommen Sie auf so eine Idee?", fragt die Richterin. "Ich habe von Freunden gehört, dass das geht", sagt er: "Ich habe nicht gewusst, dass es strafbar ist." - Er wolle ihr weismachen, er hätte geglaubt, es sei erlaubt, Homosexuelle zu erpressen? Das ärgert jetzt die Richterin, denn sie hält den Burschen für intelligent.

Am 5. Juli 2004 ist die Sache ausgeartet. Da waren sie zu dritt. Am Nachhauseweg beschlossen sie, "einen Warmen auszunehmen". Der Jüngste bot einem Kellner "einen Vierer im Keller" an. Dort wurde die sexuelle Betätigung bald für beendet erklärt. Sie traten ihn zu Boden, raubten ihm Handy, Uhr und Kreditkarte und hielten ihn eine Stunde gefangen, bis das Geld abgehoben war. Danach drehten sie noch eine Runde mit seinem Sportwagen.

"Es gibt ängstliche Menschen"

Dass er den Mann mit einem Messer bedroht hat, streitet Giovanni ab. "Er war sowieso ängstlich. Es gibt eben ängstliche Menschen", klärt er die Richterin auf. Wegen Raubes wird er zu zwei Jahren Haft verurteilt, seine Komplizen bekommen kleinere, teilbedingte Strafen. (Daniel Glattauer, DER STANDArD Printausgabe 20.1.2005)