Wien - Das Urteil des Wiener Verfassungsrechtlers Heinz
Mayer über den Ländervorschlag zur Kompetenzverteilung fällt
vernichtend aus. Das Papier sei "schlimmer als erwartet", sagt Mayer
im Gespräch mit der APA. Mayer stößt sich vor allem am doppelten
Vetorecht der Länder gegen weite Bereiche der Bundesgesetzgebung:
"Das läuft auf eine totale Entstaatlichung des Bundes hinaus, weil
der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis in zentralen
Angelegenheiten nur noch mit Zustimmung des Bundesrates und von
sieben Bundesländern Gebrauch machen könnte." Das unter den neun Landeshauptleuten akkordierte Papier wird am
Donnerstag im Präsidium des Österreich-Konvents eingebracht. Würde
der Ländervorschlag umgesetzt, könnte der Bund ohne Zustimmung der
Länder beispielsweise keine Steuergesetze mehr erlassen, warnt Mayer:
"Im Abgabenbereich wird der Bund mit diesem System entmündigt. Ein
Staat der seine Finanzautonomie aufgibt, ist bald keiner mehr."
Blockade-Möglichkeit
Allerdings verweist Mayer darauf, dass das doppelte Veto -
Einspruchsrecht des Bundesrates gegen Bundesgesetze und zusätzlich
eine Blockade-Möglichkeit durch zumindest drei Bundesländer - nicht
nur gegen Finanzgesetze möglich wäre. Gemäß ihrem Vorschlag könnten
die Länder auf diesem Weg sämtliche Gesetze blockieren, "die sich auf
die Zuständigkeit der Länder oder ihre Vollziehung auswirken". Mayer:
"Das ist fast das Meiste. Irgendwie wirkt sich alles auf die
Zuständigkeiten der Länder und ihre Vollziehung aus."
Als Beispiel nennt der Verfassungsjurist das
Staatsbürgerschaftrecht, dessen Vollziehung in die Zuständigkeit der
Länder fällt. Ähnliches gelte etwa auch für Datenschutz, innere
Sicherheit und die Sozialversicherung (Sozialhilfe ist Länder-Sache).
"Wenn ich will, dann finde ich fast überall einen Zusammenhang",
betont Mayer.
Gesetzgebung
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine ernsthafte
Verhandlungsgrundlage sein kann", meint Mayer. "Das geht genau in die
falsche Richtung." Nötig wäre aus seiner Sicht eine stärkere
Zentralisierung der Gesetzgebung.
Unverständlich ist für den Verfassungsjuristen, der selbst einem
Konvents-Ausschuss vorstand, warum der Länder-Vorschlag so spät
kommt: Sämtliche Landeshauptleute seien Mitglieder des Konvents
gewesen. "Die hätten in den Ausschüssen ihre Positionen einbringen
können." Aber mit Ausnahme von Oberösterreichs Landeschef Josef
Pühringer (V) hätten sich die Landeshauptleute im Konvent kaum
blicken lassen: "Die Herren Landeshauptleute waren fast nie da. Das
zeigt, was sie vom Konvent halten." (APA)