Wien/Linz - Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer
(ÖÄK), Reiner Brettenthaler, hat angesichts des jüngsten Streits um
die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen die
Sozialversicherungsanstalt der Bauern kritisiert. Brettenthaler
wandte sich gegen die Meinung der Bauernkrankenkasse, wonach eine
Abtreibung nach der zwölften Schwangerschaftswoche keine
Leistungsverpflichtung der Sozialversicherung darstelle, auch wenn
das Kind nicht überlebensfähig sei. Diese "restriktive Haltung" des
Chefarztes der Bauernkasse, Hans Seyfried, sei "zynisch und
unzumutbar, da sie die konkreten physischen und psychischen Problemen
missachtet".
Man dürfe nicht nur die körperliche Ebene sehen, sondern müsse im
Sinne des ganzheitlichen Gesundheitsauftrages auch die schweren
psychischen Belastungen der Mutter eines ungeborenen, in keiner Weise
überlebensfähigen Kindes beachten. Diese hätten im vorliegenden Fall
eine besonderen Stellenwert, so der ÖÄK-Präsident.
Klare Stellungnahme
Die Bauernkasse bringe "bedauerlicher Weise zum Ausdruck, dass sie
die Nöte der Menschen mit bürokratischen und ökonomischen Argumenten
vom Tisch wischt und nicht in der Lage ist, den Patienten in
schwierigsten Situationen und Entscheidungen zu helfen". Der
ÖÄK-Präsident forderte vom seitens der Kasse zu Rate gezogenen
Hauptverband der Sozialversicherungen "eine klare Stellungnahme, die
die umfassende Befindlichkeit von in Not geratenen Menschen"
entsprechend würdige.
Vorfall
In Oberösterreich war am Dienstag ein Konflikt um die Kosten
für die Abtreibung eines - nach Einschätzung der behandelnden Ärzte -
lebensunfähigen Kindes entbrannt. Die SVB weigerte sich zunächst, die
Kosten für einen medizinisch begründeten Schwangerschaftsabbruch zu
bezahlen, so die Landes-Frauen- und Kinderklinik in Linz. Später hieß
es, die SVB werde unabhängig von der Klärung der Rechtsfrage
sicherstellen, dass im vorliegenden Fall die Kosten des
Schwangerschaftsabbruchs nicht von der Versicherten selbst zu tragen
seien. (APA)